Parität wird nicht „einfach so“ passieren

(September 2019)

Parität wird nicht „einfach so“ passieren (September 2019)

Parität wird nicht „einfach so“ passieren (September 2019)

„Es gibt nicht die eine Maßnahme für Parität in der Politik, wir brauchen viele! Wir brauchen ein Paritätsgesetz und wir brauchen einen Wandel der politischen Kultur“, fasste eine der über 180 Teilnehmerinnen das Gehörte zusammen. „Ohne Änderung der politischen Kultur keine Parität – ohne Paritätsgesetz keine Änderung der politischen Kultur!“, fügte eine andere Teilnehmerin hinzu. Am 20. September 2019 fand die Tagung „Geschlecht, Politik, Partizipation“ des Marie-Jahoda-Zentrums für internationale Geschlechterforschung statt.

In der Veranstaltung beschäftigten sich Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Politik damit, wie es gelingen kann, die Teilhabe von Frauen in der Politik zu erhöhen. In Bochum fand diese NRW-weite, zentrale und richtungsweisende Veranstaltung statt. Im Fokus stand die Frage, wie es - 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechtes - gelingt, mehr Frauen in die Parlamente zu bekommen. Für diese Tagung war es gelungen, hochkarätige Referentinnen aus Politik und Wissenschaft zu gewinnen, so u.a. Diane Jägers, Abteilungsleiterin für Gleichstellung im nordrhein-westfälischen Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung, Prof. Dr. Silke Laskowski, Juristin an der Universität Kassel, und Prof. Dr. Rita Süßmuth, Präsidentin des Deutschen Bundestages a.D.

Auch 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechtes seien die politische Kultur und die Rahmenbedingungen für die Teilhabe von Frauen immer noch verbesserungswürdig. Es sei zwar viel erreicht, doch bleibe noch viel zu tun: 51 Prozent der Wahlberechtigten in Deutschland sind Frauen, dennoch sind in vielen kommunalen Stadt- und Gemeinderäten, Bezirksvertretungen oder auch im Landtag NRW gerade einmal knapp 30 Prozent der Sitze mit Frauen besetzt. Wie aktuell das Thema „Parität in den Parlamenten“ ist und wie hoch die Chancen für Veränderungen sind, zeigte die große Resonanz: mehr als 180 Menschen kamen.

Sie diskutierten u.a., welche Stellschrauben auf unterschiedlichen politischen Ebenen bewegt werden können, welche Initiativen für Frauen in der Politik es in NRW gibt, und welche Best-Practice-Modelle, um Parität in NRW zu erreichen. Mona Küpper vom Deutschen Frauenrat stellte z.B. die Materialien ihres Verbandes zu Parität vor. Die Landtagsabgeordneten Anja Butschkau (SPD) und Josefine Paul (Bündnis 90/Die Grünen) sowie Rita Süßmuth berichteten von ihren Erfahrungen in der politischen Kultur. Alle drei machten deutlich: „Es ist an der Zeit, 100 Jahre nach der Einführung des Frauenwahlrechts, dass es Geschlechterparität in der Politik gibt – und das geht nur mit einem Paritätsgesetz!“ Prof. Dr. Laskowski machte deutlich, dass die jetzige Wahlordnung das passive Wahlrecht von Frauen unterwandert und damit nicht verfassungskonform sei.

Die Tagung fand als Kooperationsveranstaltung der Gleichstellungsstellen der Städte Bochum und Dortmund, der Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten NRW (LAG), Ver.di NRW, der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V., dem Deutschen Frauenrat (DF) und dem Marie Jahoda Center für internationale Geschlechterforschung der Ruhr-Universität Bochum statt.

Die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen verstärkt die Forderung des Deutschen Frauenrates, dass die in den Parlamenten vertretenen Parteien im Rahmen von Wahlrechtsreformen sicherstellen sollen, dass Männer und Frauen je zur Hälfte die Mandate in den Parlamenten innehaben. Dies soll sowohl bei Listenmandaten als auch bei Direktmandaten umgesetzt werden. Um diesen Forderungen Nachdruck zu verleihen, verbreitete die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen eine Unterschriftenaktion des DF und sammelte zahlreiche Unterschriften, die zeigen, wie viele mittlerweile in Westfalen für eine Parität sind.

Beim Deutschen Evangelischen Kirchentag im Juni in Dortmund veranstaltete sie außerdem einen Workshop in Kooperation mit der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Dortmund. Das Motto lautete „Statt Blumen und Präsente - mehr Frauen in die Parlamente“. Es diskutierten Frauen mit Politikerfahrung, die von der „Ochsentour“ durch Parteigremien erzählten und Einsteigerinnen, die berichteten, dass gerade junge Frauen in Parteien nicht ernst genug genommen würden. Thematisiert wurden auch die Rolle und der Einfluss sozialer Medien im politischen Meinungsbildungsprozess - derzeit könne ein einziges Youtube-Video eine ganze Partei aufmischen. In der spannenden Diskussion, die vom Austausch über Generationen hinweg lebte und profitierte, wurde deutlich: es braucht eine andere politische Kultur, um den Politik“betrieb“ für Frauen attraktiver zu machen. Unter großem Applaus wurde schließlich festgestellt, dass die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Politik nicht nur eine Herausforderung für Frauen sei, sondern Männer ihren Teil der Familienarbeit übernehmen müssten, um Frauen in der Politik den Rücken frei zu halten.
Bereits im Herbst 2017 ist die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen der bundesweiten Parität-Initiative beigetreten.

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