Literatur zum Anfassen

(März 2024)

Literatur zum Anfassen (März 2024)

Darf ich auch mal fühlen?“ Die 14 Teilnehmerinnen des Literarischen Studientags beugten sich neugierig über den handgeknüpften schafwollenen Teppich, den eine Teilnehmerin in ihren Händen hielt: Ein pommerscher Fischerteppich. Und dann stammt er auch noch aus Freest, einem verträumtem Fischerdorf, ein Ortsteil der Gemeinde Kröslin im Landkreis Vorpommern-Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern.

Kurz nach Öffnung der ehemaligen DDR-Grenze wurde er mit Zertifikat erworben. Nun bekam der Teppich seinen aktuellen, großen Auftritt: als Hauptfigur in dem Roman „Fischers Frau“ der Autorin Karin Kalisa. Mit diesem Buch befasste sich der Literaturtag der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen (EFHiW) Anfang März in Soest.

Dr. Judith Schäfer aus Bochum führte fachkundig, medienkompetent und empathisch in Motive, Aufbau, Hintergrund und Dramaturgie ein und gab Informationen zur Autorin. Die Frauen waren begeistert bei der Sache und trugen mancherlei Perspektiven zur Diskussion bei.
Der auf geschichtlichen Tatsachen beruhende Roman „Fischers Frau“ handelt von der jungen Frau Mia, die als Faserarchäologin über Echtheit bzw. Fälschung von Teppichen befindet. Auch in ihrem Leben spielt beides eine große Rolle.

Die Fischerteppiche wurden vor etwa 100 Jahren anfänglich im Nebenerwerb von Fischern entworfen und geknüpft – aus Not, da ein drei Jahre langes Fangverbot herrschte. Knüpfen konnten die Fischer zunächst nur ihr Fischernetze. Und nun auch Teppiche – unter fachkundiger Anleitung und mit eigenen maritimen Motiven. Die Kultusministerkonferenz der Länder hat die Fischerteppiche auf Empfehlung der Deutschen UNESCO-Kommission in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Seit März 2023 gehören sie als „Vorpommersche Fischerteppiche“ zum immateriellen Kulturerbe Deutschlands.

Dass eine Teilnehmerin unter ihnen sein würde, die einen echten Fischerteppich mit Zertifikat mitbringen würde, war ein Highlight und regte zusätzlich die Diskussion an. Über die Personen im Roman wurde sich ausgetauscht, unterschiedliche Sichtweisen präsentiert, über Wahrheit und Fälschung philosophiert, auch über die Veränderung in Mias Leben, neben dem Teppich die 2. Hauptperson. Der Transfer ins eigene Leben erregte Interesse: Wie gestalte ich mein Leben möglichst wahrhaftig? „Spannend war’s! Mehr davon!“ waren sich die Teilnehmerinnen einig.

Fenster schließen

 

Impressum  |  Datenschutz