Dokumentation

Gedenkaktion „DENN EIN MENSCHENLEBEN IST UNBEZAHLBAR – SEENOTRETTUNG IST ES NICHT.“ | 10.12.2021

Jedes Menschenleben ist wichtig und muss gerettet werden. Die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen unterstrich dies zum zweiten Mal mit einer Aktion rund um den "Tag der Menschenrechte", am 10. Dezember.

Gedenkaktion „DENN EIN MENSCHENLEBEN IST UNBEZAHLBAR – SEENOTRETTUNG IST ES NICHT.“

Machen Sie mit bei unserer Aktion „Tausende Boote falten - in Gedenken an die Toten im Mittelmeer.

Gedenken Sie der Toten im Mittelmeer am 10. Dezember an öffentlichen Plätzen!“

Jedes Menschenleben ist wichtig und muss gerettet werden.
Die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen unterstreicht dies mit einer Aktion rund um den „Tag der Menschenrechte“, am 10. Dezember. Solange tagtäglich Menschen im Mittelmeer sterben, müssen Zivilgesellschaft und Kirchen das Versagen der europäischen Staaten anklagen und so viele Geflüchtete wie möglich aus dem Mittelmeer retten. Nur wenn es mehr Rettungsschiffe gibt, die Menschen aus Seenot retten, können wir das Sterben im Mittelmeer beenden.

Im Gedenken an die Verstorbenen und aus Solidarität mit den Seenotrettenden rufen wir dazu auf, aus Zeitungspapier Boote zu falten. Die Boote stehen für die Menschen, die 2020 im Mittelmeer ihr Leben verloren haben und die durch ein Schiff hätten gerettet werden können.
1.427 Schiffchen sollten es mindestens je Ort werden, denn so viele Menschen fanden nach Angaben der UNO-Flüchtlingshilfe im Jahr 2020 den Tod beim Versuch, über das Mittelmeer nach Europa zu flüchten.

Der Tag der Menschenrechte wird am 10. Dezember gefeiert und ist der Gedenktag zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die am 10. Dezember 1948 durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet wurde. An diesem Tag, am Freitag, 10.12.2021, sollen die Boote auf öffentlichen Plätzen zu sehen sein, der Toten gedacht und auf den Skandal um die zivile Seenotrettung und die Situation im Mittelmeer hingewiesen werden. Wir, die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen, laden ausdrücklich alle Evangelischen Frauenhilfen, Gruppen und Interessierte in Westfalen ein, sich an der Aktion zu beteiligen.

Wir, die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen, fordern ein Ende der Kriminalisierung der zivilen Seenotrettung und europäische Maßnahmen aus der Haltung heraus „Man lässt keine Menschen ertrinken. Punkt.“

Hintergrundinformationen

Wir unterstützen united4rescue, weil Hilfe und Rettung zu unserem Selbstverständnis gehören. Wir wollen dieses Bündnis mit unserem Gebet, unseren Kollekten und unserem Netzwerk unterstützen.“
Die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V. ist dem Bündnis United4Rescue im Dezember 2019 als „Bekenntnis zur Mitmenschlichkeit“ beigetreten.
Seit Jahrzehnten sterben jedes Jahr viele Menschen bei der Flucht über Meere. Es ist ein globales Problem, das so lange anhalten wird, wie es Fluchtursachen gibt, darunter: Konflikt und Krieg, Staatenlosigkeit, Armut und wirtschaftliche Ungleichheit. Seit dem Jahr 2014 waren bis Mitte August 2021 mehr als 22.200 Geflüchtete im Mittelmeer ertrunken. Im Jahr 2020 starben geschätzt über 1.420 Menschen, bis Mitte August über 1.200 Menschen auf dem Seeweg nach Europa.[1]

Wenn Personen in Seenot geraten, gebietet die seemännische Tradition und auch das internationale Recht, dass der Schutz von Leben oberste Priorität hat, indem für eine rechtzeitige Rettung und sichere Ausschiffung gesorgt wird. Dabei ist es zunächst unbedeutend, welchen Status die Geretteten haben.
Nachdem die Zahl der Todesopfer und vermissten Menschen auf der zentralen Mittelmeerroute seit 2014 immer weiter gestiegen ist, wird sie als eine gefährlichsten Fluchtrouten weltweit angesehen. Dabei können diese Zahlen nur geschätzt werden. Wie viele Menschen bei der Mittelmeerüberquerung wirklich ums Leben kommen, bleibt im Dunkeln.

Nachdem sich die EU-Mitgliedsstaaten nicht auf eine nachhaltige Verteilung der angelandeten Flüchtlinge einigen können, gehen die Regierungen verschiedener Mittelmeeranrainerstaaten immer wieder mit restriktiven Maßnahmen gegen die Teams der Seenotretter vor. Da derzeit kein europäisches Seenotrettungssystem besteht, spielen die NGOs jedoch die entscheidende Rolle bei der Rettung von Ertrinkenden.
Nach dem Ende der Seenotrettungsoperation "Mare Nostrum" 2014 entstanden darüber hinaus verschiedene Initiativen in mehreren europäischen Ländern, die Schiffe ins Mittelmeer entsandten, um Menschen vor dem Ertrinken zu bewahren. Darunter sind Organisationen wie SOS Méditerranée, Mission Lifeline, Sea-Watch, Ärzte ohne Grenzen, Sea Eye und andere Organisationen. Seit 2020 werden Rettungsschiffe von der Initiative United4Rescue ins Mittelmeer entsandt. Im Januar 2020 ermöglichte United4Rescue den Kauf des Bündnisschiffes Sea-Watch 4. Die Sea-Watch 4 rettete im Sommer 2020 in ihrer ersten Mission 354 Menschenleben. Vom 19. September 2020 bis  2. März 2021 war das Rettungsschiff unter fadenscheinigen Gründen festgesetzt. Sea-Watch 4 rettete im Mai 2021 auf zweiter Mission 455 Menschen. Die SEA-EYE 4 ist das zweite Bündnisschiff, dessen Anschaffung maßgeblich von United4Rescue ermöglicht wurde. Der Kauf erfolgte Ende 2020 und das Rettungsschiff ging im Frühjahr 2021 in den Einsatz. In ihrer ersten Aktion im Mai rettete Sea-Eye4 400 Menschen vor dem Ertrinken und wurde ebenfalls für zweieinhalb Monate festgesetzt. Seit Mitte August ist es wieder auf dem Mittelmeer unterwegs.

Die Zahlen der Flüchtlinge und Migrant*innen, die über das Mittelmeer versuchen, Europa zu erreichen, sind stark zurückgegangen. Im Jahr 2015 gab es über eine Million Ankünfte im Mittelmeerraum, vor allem aufgrund der großen Fluchtbewegungen aus dem Nahen Osten. 2018 kamen rund 141.500 Schutzsuchende an und 2019 waren es 123.663 Menschen. Bis zum September 2020 erreichten 55.160 Flüchtlinge und Migrant*innen europäische Küsten.[2] Immer wieder sterben Menschen bei ihrer gefährlichen Überfahrt, wenn etwa die Boote kentern. Nach UN-Angaben verloren in diesem Jahr bis Mitte August über 1.200 Migrant*innen im zentralen Mittelmeer ihr Leben.

Alle Menschen, die auf ihrem Weg über das Mittelmeer ertrinken, haben Schutz und eine menschenwürdige Zukunft für sich und ihre Familien gesucht. Verfolgung, Krieg, Armut, Unrecht und Klimawandel haben sie dazu gebracht, ihre Heimat zu verlassen. Solange die Fluchtursachen nicht wirksam bekämpft werden und staatliche Seenotrettung fehlt, ist sie unsere humanitäre Pflicht. Die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen unterstützt daher die die vier Forderungen von United4Rescue an die internationale Politik: zur Pflicht der Seenotrettung, zu keine Kriminalisierung, faire Asylverfahren und zur Ermöglichung von sicheren Häfen.[3] Solange tagtäglich Menschen im Mittelmeer sterben, müssen Zivilgesellschaft und Kirchen das Versagen der europäischen Staaten anklagen und so viele Geflüchtete wie möglich aus dem Mittelmeer retten. Nur wenn es mehr Rettungsschiffe gibt, die Menschen aus Seenot retten, kann das Sterben im Mittelmeer beendet werden. Solange die staatliche Seenotrettung vernachlässigt wird, solange gilt es, sich für zivile Seenotrettung einzusetzen. Denn es gilt der Satz, den die hannoversche Pastorin Sandra Bils auf dem Kirchentag in Dortmund im Juni 2019 sprach: „Man lässt keine Menschen ertrinken. Punkt.“

[1] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/892249/umfrage/im-mittelmeer-ertrunkenen-fluechtlinge/
[2] www.uno-fluechtlingshilfe.de/hilfe-weltweit/fluechtlingsschutz/seenotrettung
[3] www.united4rescue.com/forderungen

Informationen zur Aktion am 10.12.

Aufruf Seenotrettung Aktion 10. Dezember (pdf-Dokument. 1,38 MB)

Ritual Aktion 10. Dezember (pdf-Dokument, 987 KB)