Selbstverpflichtung der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. zum gentechnischen Fortschritt in der Fortpflanzungsmedizin verabschiedet. (Oktober 2003)

Fast 70 Frauen der Herbstkonferenz der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. (EFhiW) haben sich zwei Tage in Soest intensiv mit den neuen Möglichkeiten der modernen Fortpflanzungsmedizin beschäftigt. Folgende Selbstverpflichtung dazu hat sie am 09. Oktober 2003 beschlossen, die sich an den Positionen der Evangelischen Frauenhilfe in Deutschland, bundesdeutscher Dachverband von 15 Mitgliedsverbänden, orientiert hat. Der Dachverband hatte diese Diskussionsgrundlage 2002 veröffentlicht unter dem Titel „Grenzwerte. Die Herausforderung des bio- und gentechnischen Fortschritts in der Humanmedizin annehmen.“

Selbstverpflichtung der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V.

Beteiligung am gesellschaftlichen Diskurs
Die EFhiW wird sich in den kommenden Jahren am gesellschaftlichen Diskurs über Entwicklung und Grenzen der bio- und gentechnologischen Forschung sowie der Anwendung ihrer Ergebnisse beteiligen. Sie wird dabei christliche, aus feministisch-theologischer Sicht formulierte Wertvorstellungen in das Gespräch mit Gesellschaft und Politik einbringen. Durch geeignete Angebote wird sie dem Informationsbedürfnis ihrer Mitglieder entsprechen und sie ermutigen, ihre eigenen Erfahrungen, Sichtweisen und Positionen in die Debatte einzubringen.

Dialogkultur
Die EFhiW wird sich bei ihrem Engagement bewusst um eine ausgeprägte Dialogkultur bemühen. In der Auseinandersetzung - innerhalb des Verbandes wie mit externen Gesprächspartnerinnen - wird sie auf Abwertung oder Diffamierungen Andersdenkender verzichten, um so zur Bildung eines Konsenses beizutragen, der für alle am Diskurs Beteiligten erträglich und damit gesellschaftlich tragfähig ist.

Kritische Überprüfung eigener Theorie und Praxis
Die EFhiW wird fortlaufend und ernsthaft ihre bisherigen Überzeugungen ebenso wie deren praktische Umsetzung überprüfen und gegebenenfalls korrigieren. Vorrangig wird die EFhiW sich dabei um eine Kultur der Wertschätzung von Unterschiedlichkeit bemühen. Im Umgang mit Menschen mit Behinderungen wird sie unterstützend handeln - mit Blick auf einzelne Menschen ebenso wie beim Scharfen von Rahmenbedingungen, die eine volle Beteiligung von Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen am kirchlichen und gesellschaftlichen Leben gewährleisten.
Gezielt nutzt die EFhiW ihre Möglichkeiten und Mittel, um Frauen zu ermutigen und zu unterstützen, sich dem Druck der Medizintechnik zu widersetzen. In dem Zusammenhang wird die EFhiW sich mit dem eigenen und in den eigenen Kirchen geförderten Frauenbild auseinandersetzen, in dem „Mutterschaft" als unabdingbarer Bestandteil weiblicher Identität erscheint.

Die EFhiW wird sich dafür einsetzen, dass Menschen in unserer Gesellschaft (wieder) lernen, mit Behinderungen und Krankheit, mit Altern und Sterben umzugehen und sich dabei gegenseitig zu stützen. Lange und oft wurde die christliche Religion dazu missbraucht, gerade Frauen zum Ertragen und Aushalten menschenunwürdiger Situationen zu zwingen, anstatt diese zu verändern. Die EFhiW wird deshalb besonders darauf achten, dass Leiden nicht romantisiert oder gar religiös überhöht wird. Gleichzeitig aber wird sie den in unserer Gesellschaft dringend notwendigen Widerstand gegen die Illusion einer leidfreien, unbegrenzten Existenz leisten.

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