Stellungnahme
zu den Auswirkungen des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes auf Menschen Die 70 Teilnehmerinnen der Herbstkonferenz
der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. stellen mit Betroffenheit
und Empörung die Auswirkungen des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes auf
Menschen in stationären Einrichtungen der Alten- und Behindertenhilfe
fest. Sie fordern die Politikerinnen und Politiker auf, umgehend die Regelungen
in bezug auf Menschen, die in stationären Einrichtungen leben, grundsätzlich
zu überdenken: (1) Der Wegfall der sogenannten Härtefallklausel seit 01.01.2004, die Menschen mit geringem Einkommen von der Zuzahlungspflicht befreite, muss rückgängig gemacht werden. (2) Leistungen, die seit dem 01.01.2004 entfallen oder nur noch in Ausnahmefällen gewährt werden, sollen wieder in den gesetzlichen Leistungskatalog aufgenommen werden. Dazu zählen vorrangig:
(3) Die Befreiung von Zuzahlungen muss unbürokratischer und zeitnaher erfolgen und bei bestimmten Diagnosen bzw. Indikationen, vor allem bei chronifizierten Erkrankungen, länger als für das laufende Jahr gelten. (4) Die Verordnung von Medikamenten und
Hilfsmitteln muss primär am Hilfebedarf und den Bedürfnissen des
Patienten oder der Patientin orientiert und nicht von wirtschaftlichen Überlegungen
geleitet sein. Beim Alter der Patientin oder des Patienten kann zudem
nicht die Gleichbehandlung aufhören. Die Budgetierung wird häufig als
Vorwand für die Ablehnung einer Verordnung im Alter genannt. Eine weitere, seit längerem praktizierte Methode besteht darin, dass fast alle Krankenkassen Genehmigungen für Hilfsmittel oder ähnliches erheblich verzögern. Trotz mehrfacher direkter Nachfrage der Betreuungs- und Pflegekräfte dauert es mitunter Wochen, bis eine Genehmigung oder ein Ablehnungsbescheid vorliegt. Bewohnerinnen und Bewohner werden aus Krankenhäusern in die stationären Einrichtungen entlassen, die noch vor einem Jahr auf gar keinen Fall entlassen worden wären. Die pflegerische Versorgung und Betreuung wird vom Krankenhaus auf die stationären Einrichtungen verlagert und die Krankenkassen werden von Kosten entlastet. (5) Die restriktive Einstufung des
Medizinischen Dienstes der Krankenkassen von Menschen in Pflegestufen aus
Gründen der Kosteneinsparung geht zu Lasten der stationären
Einrichtungen. Langfristig geht die Evangelische
Frauenhilfe in Westfalen e.V. davon aus, dass sich die gesundheitliche
Versorgung, vor allem der älteren Menschen, in der Bevölkerung
verschlechtern wird. Die Europäische Union hat sich 2001 für
eine Definition von Armut entschieden, die für die Mitgliedsländer und
damit auch für die Bundesregierung verbindlich ist: Ausgangspunkt ist
dabei das sogenannte Nettoäquivalenzeinkommen, ein unter
Bedarfsgesichtspunkt modifiziertes Pro-Kopf-Einkommen - nicht
Haushaltseinkommen -, das bereits unterschiedliche Verteilungen in einem
Familieneinkommen (Haushaltsvorstand, Partner, Kinder) einbezieht. Darüber
hinaus berücksichtigt es die unteren und oberen Einkommensextreme
geringer oder gar nicht. Die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V. fordert daher für die Sozialhilfeempfängerinnen in stationären Einrichtungen ebenfalls, dass der Taschengeldbetrag in Höhe von zur Zeit 88,00 Euro im nächsten Jahr nicht um 13% gekürzt werden darf. Von diesem Betrag sind die Dinge des täglichen privaten Bedarfs, wie beispielsweise Frisör, Fußpflege, Hygieneartikel, Genussartikel, Bücher, Geschenke, usw. und seit dem 01.01.2004 auch die Zuzahlungen wie Praxisgebühr bei jedem ersten Arztkontakt im Quartal, Zuzahlungen für Medikamente, Notarztgebühr, Krankenhausaufenthalt, Heilmittel, Hilfsmittel, stationäre Vorsorge und Rehabilitation zu finanzieren. Die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V. ist ein Frauenverband, in dem fast 100.000 Frauen Mitglied sind. Sie ist Trägerin mehrerer stationärer Einrichtungen der Alten- und Behindertenhilfe im Kreis Soest, im Ennepe-Ruhr-Kreis und im Märkischen Kreis. |