Internationale Fachtagung zu Menschenhandel
(September 2005)

„Es ist insgesamt schwerer geworden, Opfer von Menschenhandel ausfindig zu machen. Die Formen des verdeckten Menschenhandels und die Brutalität der Menschenhändler haben in den letzten beiden Jahren zugenommen. Außerdem hat sich z.B. Polen seit Eintritt in die EU vom Herkunftsland zum Transitland und Land, indem vermehrt Opfer von Menschenhandel leben, entwickelt“.

So fassten die Organisatorinnen der 3. Internationalen Fachtagung „Menschenhandel“ - Rita Kühn (Diakonisches Werk Westfalen (Münster)), Pfarrerin Birgit Reiche (Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V., Leiterin der Beratungsstelle für Opfer von Menschenhandel - Nadeschda -) und Bernd Schütze (Hoffnung für Osteuropa (Münster)) - die Ergebnisse zusammen.

Fast 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter spezialisierter Beratungsstellen für Opfer von Menschenhandel aus Deutschland, Mittel- und Osteuropa sowie Vertreterinnen und Vertreter von Ausländer-, Sozial- und Gesundheitsämtern, der deutschen und polnischen Polizei und anderer Behörden trafen sich vom 22. bis 23. September 2005 in Soest zu einer internationalen Fachtagung zum Thema Menschenhandel.

Neben vielen interessanten Referaten stand der Austausch über die praktische Arbeit zwischen Ost und West im Vordergrund.
Dafür kamen Mitarbeitende aus Beratungsstellen und Polizeibehörden aus Ungarn, Lettland, Litauen, Polen, Weißrussland, Bulgarien und der Ukraine.
Diese trafen auf fast 20 unterschiedliche deutsche Organisationen, so aus Jena, Magdeburg, Rostock, Viersen, Saarbrücken, Duisburg, Düsseldorf, Hamburg, Dortmund, Kassel und Arnsberg.

Ziel der Fachtagung, die alle zwei Jahre ausgerichtet wird, ist es ein nationales und internationales Netzwerk gegen Menschenhandel engmaschig zu knüpfen. „Nur ein breites, dichtes und internationales Netzwerk dieser Art kann den Opferschutz sicherstellen, konsequente Täterverfolgung in Deutschland und den Herkunftsländern voranbringen, präventive Maßnahmen umsetzen und mithelfen, Freier in Deutschland zu sensibilisieren, damit Opfer von Menschenhandel aufgefunden werden“, stellte Rita Kühn vom Diakonischen Werk Westfalen fest.

„Gemeinsam gegen Menschenhandel - Stärkung des internationalen Netzwerkes“ lautete der Titel der Tagung. In ihr gab Heidi Rall vom Bundeskriminalamt einen Überblick über die internationale polizeiliche Arbeit. Die Sozialwissenschaftlerin Alexandra Geisler sprach über den Hintergrund des Menschenhandels in der Prostitution mit Frauen aus Osteuropa.
Kampagnen wurden vorgestellt, so auch die zur Fußball-WM 2006 und Hintergrundinformationen zu den Männern im Menschenhandel als Zuhälter und Freier gegeben. Freier zu sensibilisieren und mit ihrer Hilfe, Opfer von Menschenhandel ausfindig zu machen, ist ein neuer Weg im Kampf gegen Menschenhandel.

In einer abschließenden Podiumsdiskussion, an der Barbara Meier-Beck vom Frauenministerium NRW und Dieter Schürmann vom Innenministerium NRW teilnahmen, wurde eine politische Weiterarbeit gegen Menschenhandel in Deutschland zugesichert. Am Ende der Fachtagung wurde eine Erklärung der Teilnehmenden zur nationalen und internationalen Bekämpfung von Menschenhandel verabschiedet.

Vom 20. bis 21. September 2005 fand eine Vorkonferenz statt, in der 15 Mitarbeiterinnen aus mittel- und osteuropäischen spezialisierten Beratungsstellen über die Beschaffung von Finanzmitteln für die Arbeit mit Opfern von Menschenhandel tagen. Das größte Problem für die Nichtregierungsorganisationen, die sich für Opfer von Menschenhandel einsetzen, sind die fehlenden Finanzmittel.

Die Veranstaltung wurde durchgeführt vom Diakonischen Werk Westfalen, der Bundesarbeitsgemeinschaft „Den Kindern von Tschernobyl“ in Deutschland und der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen.

Hintergrund: 
Die Bereitschaft von Frauen und Mädchen aufgrund von eklatanter Armut in den Herkunftsländern, Perspektivlosigkeit und Arbeitslosigkeit in die Migration zugehen, wird von Menschenhändlern ausgenutzt. Frauen werden mit Versprechen von Arbeitsstellen, Heiratsversprechen sowie Freizeit- und Privataufenthalten angeworben, nach Deutschland gebracht und zumeist unter Androhung von Gewalt zur Prostitution gezwungen.

Die EU-Erweiterung hat schon jetzt Auswirkungen auf die Problematik des Menschenhandels zur Folge: Die Herkunftsländer der Menschenhandelsopfer verschieben sich nach Osten und frühere Herkunftsländer werden verstärkt zu Umschlags- und Zielländern. Die Notwendigkeit der Prävention und der Weiterbetreuung der zurückgekehrten Opfer von Menschenhandel in den Herkunftsländern wird immer deutlicher.

Der Gewinn der Menschenhändler erreicht weltweit einen geschätzten Betrag von 120 Milliarden Dollar, allein in Deutschland sind es 0,9 Milliarden Euro. Das ist mehr als auf dem Drogenmarkt.

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