Antwort des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auf die Stellungnahme der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. zu Arbeitsmarktreformen und Geschlechterverhältnis (November 2005)

„Die Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern in allen Bereichen war wesentlicher Inhalt der Arbeitsmarktpolitik in der 15. Legislaturperiode. Die neue Arbeitsmarktpolitik kommt daher insbesondere auch Frauen zugute. Frauen, die bisher auf Sozialhilfe angewiesen waren, erhalten seit dem 1. Januar dieses Jahres unabhängig von ihrer vorherigen Tätigkeit Arbeitslosengeld II.“

So beginnt das mehrseitige Antwortschreiben des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend - Referat Chancengleichheit im Erwerbsleben -, das zur Oktober-Erklärung der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. zu Arbeitsmarktreformen und Geschlechterverhältnis Stellung bezieht.
Es versichert, dass es „im Rahmen der Möglichkeiten des Verfahrens konstruktive Vorschläge für die Untersuchung, auch zugunsten der von Ihnen im Einzelnen dargestellten Problemlagen und Personengruppen, sicherstellen“ wird.
„Gleichzeitig wird vielfältige Unterstützung geleistet,“ heißt es weiter, „um Arbeitssuchende so schnell wie möglich wieder in Arbeit zu bringen. Damit werden Perspektiven aufgezeigt für ein Leben mit Arbeit und damit einer eigenständigen Unterhaltssicherheit, was ein großer Vorteil ist vor allem gegenüber der bisherigen Sozialhilfe.“

Im folgenden wird ausgeführt, dass per Gesetz vieles geregelt sei: Frauen dürfen nicht benachteiligt werden, familienspezifische Lebensverhältnisse von Hilfebedürftigen müssen berücksichtigt werden, die ausschließliche Möglichkeit zur Teilzeitarbeit wegen Kindererziehung schmälert nicht den Anspruch auf Arbeitslosengeld II, die Ablehnung eines angebotenen Jobs aufgrund der Erziehungs- oder Pflegeverantwortung bleibt ohne Sanktionen, Vermittlung von Kinderbetreuung ist ausdrücklich gesetzliche Aufgabe der kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende und schließlich: „Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt, die in jeder Agentur für Arbeit bzw. in jeder Regionaldirektion der Bundesagentur, aber auch in den Kommunen, vertreten sind, haben dafür zu sorgen, dass die frauenspezifischen Vorgaben in SGB II und SGB III eingehalten werden.“

Es wird vom Bundesministerium darauf hingewiesen, dass bestimmte Personengruppen - so z.B. Berufsrückkehrerinnen und Langzeitarbeitslose - Zugang zu Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung erhalten sollten für ihre berufliche Eingliederung. „Im Sinne des neuen effizienzorientierten Einsatzes des arbeitsmarktpolitischen Förderinstrumentariums werden Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung jedoch regelmäßig nur dann gefördert, wenn diese die Eingliederungschancen konkret verbessern. Diese neue Ausrichtung trifft also Männer und Frauen, Leistungsbezieher/innen und Nichtleistungsbezieher/innen gleichermaßen.“

Zwischenzeitlich haben sich CDU/CSU und SPD darauf verständigt, den „Ombudsrat - Grundsicherung für Arbeitssuchende“ bis Mitte 2006 - statt bis Ende 2005 - zu beauftragen. Der Ombudsrat sammelt Beschwerden und Änderungsbegehren zu Hartz IV und bringt es in die Gremien ein.

In der Herbstkonferenz der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. haben sich 70 Teilnehmerinnen Ende Oktober 2005 intensiv mit den Arbeitsmarktreformen in Deutschland auseinandergesetzt und eine Erklärung verabschiedet. In 14 Punkten stellen sie Fehlannahmen der Arbeitsmarktreformen heraus und arbeiten 16 Forderungen zur Nachbesserung heraus.

Die Mitglieder der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen fordern die Politikerinnen und Politiker aller Parteien auf, grundsätzlich bei Arbeitsmarktreformen die Geschlechtergerechtigkeit zu berücksichtigen. Die Arbeitsmarktreformen fördern ihrer Ansicht nach eine sog. „Versorger-Ehe“ durch die derzeitige Auslegung von „Bedarfsgemeinschaften“. Frauen würden vermehrt in Abhängigkeit von Partnern und Familie gedrängt.

Eine weitere Grundsatzkritik bezieht sich auf die irrige Annahme, es gäbe genügend Arbeitsplätze, aber nicht genügend Arbeitswillige. Die Statistiken hätten gezeigt, - so die Teilnehmerinnen -, dass die Kluft zwischen offenen Stellen und Arbeitslosen immer weiter wachse. Eine weitere Grundkritik: Gesetze und deren Umsetzungen würden gekennzeichnet vom permanenten Missbrauchsverdacht.

Neben Grundsatzkritiken an den Arbeitsmarktreformen haben die Teilnehmerinnen einen Katalog von Forderungen zur Nachbesserungen der Arbeitsmarktreformen aufgestellt. Neben der Sicherung einer eigenständigen Absicherung von Frauen und der Existenzsicherung außerhalb von Erwerbsarbeit solle der „Ombudsrat - Grundsicherung für Arbeitssuchende“ nicht zum Ende dieses Jahres seine Arbeit beenden, sondern seine Beauftragung um ein Jahr verlängert werden.

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