Geplante Kürzungen in der Landesförderung der Frauenhäuser und ihre möglichen Folgen (Januar 2006)

Das Frauenhaus Soest und seine Trägerin, die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V., stellen im Zusammenhang mit der geplanten Kürzung der Landesförderung von Frauenhäusern in NRW einen massiven Eingriff in die Infrastruktur der Anti-Gewalt-Arbeit fest. Prävention und Nachsorge, die in der von zunehmender Gewalt geprägten Gesellschaft besonders notwendig sind, werden durch die Kürzungen besonders beschnitten. Zudem muss gegen die Kurzfristigkeit des Entscheides ohne Übergangsregelung und gegen die überdurchschnittliche Kürzungshöhe protestiert werden. Die Entscheidung ist nicht akzeptabel und sollte rückgängig oder entschärft werden.

Der Ausgangspunkt 
Am 19.12.2005 wurde den Trägern der Frauenhäuser vom Landesministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration mitgeteilt, dass der vom Kabinett verabschiedete Haushaltsansatz für die 62 landesgeförderten Frauenhäuser in NRW eine Kürzung von insgesamt 5,5 Millionen Euro beinhaltet. Diese Kürzung ist ohne Übergangsregelung zum 01.01.2006 umgesetzt. 
Dies entspricht insgesamt einer Kürzung von 30%.

Umgerechnet auf das einzelne Frauenhaus bedeutet dies der Wegfall einer Personalstelle, dem Umfang nach der Förderung der vierten Fachkraftstelle in den Häusern. Die beabsichtigte Kürzung kann von den Frauenhäusern nicht aufgefangen oder kompensiert werden. 
Das Landesministerium nimmt an, die Kürzung der Personalstelle gefährde nicht die Infrastruktur für von Gewalt betroffene Frauen und deren Kinder.

Häusliche Gewalt und die Nachfrage in den Frauenhäusern 
Nach den Statistiken des Bundeskriminalamtes und einer Studie des Bundesministeriums ist jede 4. Frau von häuslicher Gewalt betroffen. Die Kindesmisshandlung ist um 50 % gestiegen.
Die gesamtgesellschaftlichen Folgen sind vielschichtig, die gesellschaftlichen Kosten - wie es z.B. sich im Gesundheitsbereich niederschlägt - immens hoch.

Allein im Jahr 2003 suchten 5.446 Frauen mit 5.520 Kindern in einem der 62 Frauenhäuser in NRW Schutz vor häuslicher Gewalt. Im gleichen Jahr wurden in 6.931 Fällen gewalttätige Ehemänner aus der gemeinsamen Wohnung gewiesen. In 16.402 Fällen wurde die Polizei aufgrund häuslicher Gewalt zu Hilfe gerufen.

Die Anforderungen an die Mitarbeiterinnen in den Frauenhäusern sind in den letzen Jahren stetig gestiegen. Spezialisierte Beratung nach dem Gewaltschutzgesetz, Vernetzung und Kooperation an runden Tischen, Begleitung und Umsetzung der Hartz IV-Gesetzgebung, erhöhter Betreuungs- und Beratungsbedarf gestalten sich als sehr zeit- und arbeitsintensiv.

Im Soester Frauenhaus wohnten im Jahr 2005 64 Frauen mit 52 Kindern, im Jahr 2004 50 Frauen mit 56 Kindern. Das heißt, in 2005 gab es eine Auslastung von 94%. Im letzten Jahr konnten 65 Frauen wegen Überbelegung nicht aufgenommen werden.

Zur Landesfinanzierung
Seit Jahren ist der Zuschuss zu den Personalkosten der Frauenhäuser pauschaliert und seit 1996 nicht an Tariferhöhungen angepasst worden. Bisher wurden für 4 Personalstellen Landeszuschüsse von 60 bis 80% der tatsächlich anfallenden Personalkosten gezahlt. Die immer größer werdende Deckungslücke muss durch die Träger der Frauenhäuser ausgeglichen werden.

Die vierte Personalstelle
Die vierte Personalstelle in den Frauenhäusern ist zur Verstärkung der Frauenhausarbeit in unterschiedlichen Bereichen von den Frauenhäusern genutzt worden. Vielfach wurde sie für die Aufgaben Krisenintervention, die Unterstützung und Beratung der betroffenen Frauen und deren Kinder sowie die notwendige Vernetzungs- und Kooperationsarbeit eingesetzt.

Im Frauenhaus Soest wurde mit dieser Stelle auch die ambulante Arbeit durchgeführt: Wöchentlich kamen 2005 5 bis 8 Frauen in die ambulante Beratung, in einem Nachsorgeprojekt waren 15 ehemalige Frauenhaus-Bewohnerinnen, 5 ehemalig im Frauenhaus lebende Kinder nahmen weiterhin an den Kinderangeboten im Hause teil. Täglich kamen 4 ehemalige Bewohnerinnen mit ihren Kindern als Gäste ins Haus.

Forderungen 
Das erste Ziel ist die Zurücknahme des Kürzungsvorhabens.
Sollte dies nicht möglich sein, ist das Ziel, das Kürzungsvorhaben zu entschärfen: Einführung von Übergangsregelungen, 15%ige Kürzung oder ähnliches.

Unter dem Motto „Uns steht das Wasser bis zum Hals. Viele Angebote gehen baden“ findet am 16. Februar 2006 vor dem Düsseldorfer Landtag ein Aktionstag aller Frauenhäuser in NRW statt.

Fenster schließen