Panikmache durch pauschalierende Negativdarstellung der Pflegesituation (September 2007)

Der Pflegebericht des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS) und der Pflegekassen, der Ende August 2007 in Berlin vorgestellt wurde, wird von der Berichterstattung häufig aufgegriffen, um die Pflegesituation in negativer Weise zu überzeichnen und unangemessen darzustellen.

„Es ist ein Skandal, dass Medien das Thema in unverantwortlicher Weise pauschalisierend aufnehmen, so dass ältere Menschen und ihre Angehörige Angst haben müssen. Entweder, weil sie den Tag fürchten, in ein Pflegeheim zu müssen. Oder weil sie Angst haben, ein schlechtes Heim gewählt zu haben…“, stellt Edna Künne, Leiterin des Soester Alten- und Pflegeheimes, Lina-Oberbäumer-Haus, fest.

Fälle mangelhafter Versorgung gebe es leider immer wieder und eine Berichterstattung hierüber sei sinnvoll und notwendig. Diese Einzelfälle spiegeln allerdings nicht den tatsächlichen Zustand der Pflege in Heimen wider.

„Eine breit angelegte Untersuchung des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDK) zeigt, wie es tatsächlich ist: Danach liegt der Anteil der angemessenen Pflege im stationären Bereich bei ca. 90%“, erläutert Edna Künne. Die Ergebnisse der Untersuchung sind im November 2004 unter dem Titel "Qualität in der ambulanten und stationären Pflege" erschienen. Verschwiegen werde beim 2. Prüfungsbericht, dass beispielsweise MDS-Geschäftsführer Peter Pick darauf hinweist, dass es eine "signifikante Verbesserung" gegenüber dem Vorgängerbericht von vor drei Jahren gebe.

„Die Berichterstattung geht über die positiven Entwicklungen einfach hinweg… In der allgemeinen Wahrnehmung wird die große Zahl der Einrichtungen in Mitleidenschaft gezogen, in denen pflegebedürftige Menschen zuverlässig und sehr gut versorgt werden“, betont die Leiterin. Und weiter: „Die Anstrengungen zur Verbesserung und der Transparenz in der Situation der Pflege sind - wie der Bericht fordert - weiter fortzuführen. Dem stimmen wir auch zu. Aber in unserer Einrichtung leisten Tag für Tag und Nacht für Nacht hoch motivierte und sehr gut qualifizierte Mitarbeiterinnen einen menschlich engagierten und fachlich qualifizierten Dienst. Deren Arbeit darf nicht durch Generalverdacht und unverantwortliche Berichterstattung in Misskredit gezogen werden“, fordert Edna Künne.

Die Gesellschaft müsse sich außerdem in die Diskussion begeben, wie sie zukünftig - mit allen Konsequenzen - mit gealterten Menschen umgehen wolle. „Die geringfügige Anhebung von 0,25 Prozentpunkte der Pflegeversicherung, die derzeit im Gespräch ist, steht im Gegensatz dazu, dass gute Pflege auch Geld kostet! Eine offene Diskussion gilt es zu führen, was die Gesellschaft im Bereich Pflege will und was die Menschen dafür bereit sind, hierfür zu zahlen.“

Die Qualität der ambulanten und stationären Pflege hat sich laut dem MDK seit der Veröffentlichung des ersten Pflegequalitätsberichts verbessert. Es gebe aber noch immer erhebliche Qualitätsmängel und neben guten Einrichtungen auch sehr schlechte. Mängel wurden neben der Ernährung unter anderem bei der Inkontinenzversorgung, bei der Vorbeugung von Druckgeschwüren und bei der Pflege von Demenzkranken festgestellt.

Für die Studie wurde die Situation von rund 40.000 Pflegebedürftigen untersucht. Trotz signifikanter Fortschritte gibt es bei der Pflege alter und hilfsbedürftiger Menschen nach wie vor jedoch Verbesserungsnotwendigkeiten.
Der Pflegebericht des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS) und der Pflegekassen stellt fest, dass im Durchschnitt bei 10% der Heimbewohner und bei 5,7 % der Pflegebedürftigen zu Hause ein "akut unzureichender Pflegezustand" festzustellen ist. Im ersten, 2004 vorgelegten Bericht, war dies noch bei 17,4 Prozent der Heimbewohner und bei 8,8 % der Pflegebedürftigen zu Hause der Fall. Allerdings weist der Bereich nach wie vor Mängel im Bereich Ernährung und Flüssigkeitsversorgung der Pflegebedürftigen aus.

Bei etwa jedem dritten Pflegefall im Heim und zu Hause stellten die Prüfer Defizite fest. Dies bedeute aber nicht unbedingt, dass die Betroffenen unterversorgt oder mangelhaft ernährt seien, betonte Jürgen Brüggemann vom MDS. Vielmehr führten auch unzureichende Gewichtskontrollen und eine fehlende Ermittlung des Energiebedarfs der Bewohner zu einer schlechteren Bewertung durch die Prüfer.
Mehr als 35 Prozent der Heimbewohner und etwa 42 Prozent der Pflegebedürftigen zu Hause werden dem Bericht zufolge nicht häufig genug umgebettet. Dies lasse aber keine Rückschlüsse darauf zu, ob bei den Betroffenen schon akute Gesundheitsprobleme wie etwa ein Wundliegen aufgetreten seien.

Im Alten- und Pflegeheim, Lina-Oberbäumer-Haus, in Soest wohnen 64 Frauen im Alter zwischen 60 und 100 Jahren. Das Haus besteht seit 1984 und ist in Trägerschaft der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V.

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