Für die Integration von Sozial- und Umweltstandards im Vergaberecht der öffentlichen Hand (Oktober 2008)

Wussten Sie, dass Städte und Gemeinden in Deutschland rund 360 Milliarden Euro im Jahr z.B. für den Einkauf von (Pflaster-)Steinen, Computern, Blumen und Bekleidung ausgeben?

Der Deutsche Bundestag entscheidet aktuell über ein so genanntes „Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechtes“. Dieses legt fest, nach welchen Grundsätzen die öffentliche Hand in Deutschland ihre Einkäufe von Produkten und Dienstleistungen tätigt. Damit entscheidet der Bundestag zugleich über die Frage, ob die vielen Milliarden Euro für öffentliche Einkäufe zukünftig nach klaren sozialen, entwicklungspolitischen und ökologische Vorgaben ausgegeben werden - oder eben nicht.

Die Mitglieder des CorA-Netzwerks (Netzwerk für Unternehmensverantwortung) fordern eine FAIRgabe-Reform.
Das heißt

  • verbindliche gesetzliche Regeln zu sozialen und ökologischen Kriterien (Tariftreue, ILO-Standards, Fairer Handel, Ökostrom etc.),
  • klare Umsetzungsschritte für die Beschaffungspraxis sowie
  • wirksame Kontrollen und Sanktionen gegen Fehlverhalten.

Gemessen hieran ist der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung leider völlig unzureichend. Gegen die Integration von Sozial- und Umweltstandards ins Vergaberecht kämpft seit Jahren der Gesamtverband textil + mode. Anlässlich der Anhörung im Ausschuss des Bundestages für Wirtschaft und Technologie veröffentlicht der Verband eine Stellungnahme zum neuen Gesetzesentwurf, worin er die Ablehnung begründet mit Intransparenz und Bürokratisierung des Vergabeverfahrens und Explosion der Kosten.

„Dies ist absolut scheinheilig“, erklärt Thomas Krämer-Broscheit von der Christlichen Initiative Romero. „Der Gesamtverband weiß, dass eine Kostenexplosion nicht zu erwarten ist. Dies zeigten die Städte Düsseldorf und Neuss, wo trotz mangelnder Rechtssicherheit bereits ohne Ausbeutung beschafft wird.“ Mehr als 120 Kommunen und Gemeinden sowie mittlerweile sieben Bundesländer sprechen sich für eine soziale Vergabe aus und haben entsprechende Beschlüsse gefasst.

In einer Vielzahl anderer europäischer Länder gibt es eine faire Vergabepraxis schon seit langem. Christiane Schnura, Koordinatorin der Kampagne für ‚Saubere’ Kleidung: „Der politische Wille vieler Kommunen und Länder muss endlich auch von der Industrie zur Kenntnis genommen werden. Die öffentliche Nachfrage nach „sauberer“ also sozial-verträglich hergestellter Kleidung wächst von Tag zu Tag. Dies wird auch der Gesamtverband textil + mode nicht verhindern können. Jetzt gilt es, dass die Lieferanten endlich eine „saubere“ Produktion entlang ihrer gesamten Produktionskette gewährleisten.
Nur so ist es der öffentlichen Hand möglich, ihre politischen Beschlüsse in die Praxis umzusetzen. Eine Blockadehaltung wie jetzt bei mode + textil ist da völlig fehl am Platze.“

Um der Forderung nach einer verantwortungsvollen öffentlichen Beschaffung Nachdruck zu verleihen, schließt sich die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V. der Kampagne an und bittet Sie, Protestbriefe an Bundestagsabgeordnete aus Ihrem Wahlkreis zu schicken. Vielen Dank für Ihre Unterstützung!

Das Schreiben kann folgenden Inhalt haben:

Sehr geehrter Herr/ Frau...

Sie sind für meinen Wahlkreis als Abgeordneter in den Bundestag gewählt worden. Als Bundestagsabgeordneter vertreten Sie die Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland. Als Bürgerin und Bürger ihres Wahlkreises möchte ich Ihnen mitteilen, dass Kommunen, Länder und Bund jährlich viele Milliarden Euro für die Beschaffung von öffentlichen Gütern ausgeben. Diese Güter werden aus der ganzen Welt bezogen und von unseren Steuern bezahlt. Leider kommen die Steuergelder derzeit häufig Unternehmen zugute, in deren Betrieben und Lieferketten grundlegende Arbeits- und Menschenrechte sowie Umweltstandards verletzt werden. Nur klare rechtliche Regelungen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen können etwas an der gegenwärtigen Praxis ändern. Auch die Einhaltung von Tarifverträgen in Deutschland, die Einstellung von Langzeitarbeitslosen und von Menschen mit Behinderungen gilt es zu fördern!

Daher bitte ich Sie eindringlich, sich bei der nun anstehenden Reform des Vergaberechts im Bundestag für eine verbindliche Verankerung sozialer und ökologischer Kriterien einzusetzen.

Mit freundlichen Grüßen

Für weitere Informationen stehen Ihnen gerne zur Verfügung:

Christiane Schnura
Kampagne für „Saubere“ Kleidung (CCC)
Rudolfstr. 135
42285 Wuppertal

Tel.: 0202 - 89 004 316
Fax: 0202 - 89 004 397
e-Mail: ccc-d@vemission.org
www.sauberekleidung.de

Thomas Krämer-Broscheit
Christliche Initiative Romero (CIR)
Frauenstr. 3-7
48143 Münster

Tel.: 0251 - 89 503
Fax: 0251 – 82 541
e-Mail: kraemer@ci-romero.de
Internet: www.ci-romero.de

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