Erklärung der Teilnehmenden der 4. Internationalen Fachtagung
„Gemeinsam gegen Menschenhandel - Menschenhandel und HIV/STD“
vom 10.09.2008 bis 11.09.2008 in Soest

Wir, 50 Frauen und Männer aus Europa, - aus Belarus, Polen, Litauen, Moldawien, Ukraine und Deutschland -, aus Beratungsstellen für Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution, aus Beratungsstellen gegen sexualisierte Gewalt und Frauenhäusern, aus anderen Nichtregierungsorganisationen, aus Polizeibehörden und Gesundheitsämtern, Netzwerken, Frauenhilfe und Diakonie haben uns vom 10. - 11. September 2008 zu unserer 4. Internationalen Fachtagung in Soest getroffen.

Wir stellen fest:

  • Menschenhandel in die Prostitution ist sexuelle Gewalt und ein Straftatbestand im Sinne des Strafgesetzbuches. Von diesem Verbrechen sind insbesondere Frauen betroffen.
  • Migrantinnen, die aufgrund von eklatanter Armut und Perspektivlosigkeit in den Herkunftsländern nach Deutschland kommen, sind in allen Phasen des Migrationsprozesses gefährdet, durch Schlepper oder sonstige Anwerberinnen und Anwerber als Opfer des Frauenhandels zur Prostitution gezwungen zu werden.
  • Aus Sicht der Fachberatungsstellen für Opfer von Menschenhandel ist die gesundheitliche Situation der Opfer des Menschenhandels in den letzten Jahren deutlich schlechter und sichtbarer geworden. Aus der täglichen Praxis wird deutlich, dass sexuell übertragbare Erkrankungen zunehmen. Ursachen liegen u. a. in der mangelnden medizinischen und sexuellen Aufklärung in den Herkunftsländern. Sexualität wird häufig noch tabuisiert.
  • Prostitutionskunden fordern verstärkt riskante Sexualpraktiken ein und setzen sie zum Teil mit Gewalt durch. Gerade Opfer von Menschenhandel haben auf Grund der Anweisung von Zuhältern keine Möglichkeit diese Praktiken abzulehnen.
  • Insbesondere in Ländern, in denen die Armut besonders groß und die sexuelle Selbstbestimmung der Frauen besonders gering ist, ist die Zahl der HIV-Infizierten in einem rasanten Tempo angestiegen. Gerade dort aber ist der Zugang zu entsprechenden Medikamenten erschwert oder sie sind zu teuer, Generika sind selten zugelassen.
  • Es gibt gute Präventionsprojekte in vielen Ländern Mittel- und Osteuropas. Leider können diese aufgrund fehlender Finanzmittel nicht flächendeckend arbeiten, gerade ländliche Regionen außerhalb der Ballungsräume werden nur selten erreicht.
  • Besonders verwerflich ist die sexuelle Ausbeutung von Minderjährigen.

Wir erklären:

  • Wir wollen unser internationales Netzwerk ausbauen, um die Präventionsarbeit im Blick auf Menschenhandel und HIV/STD in den Herkunftsländern zu stärken.
  • Wir setzen uns für Prävention und Armutsbekämpfung in den Herkunftsländern ein.
  • Wir setzen uns gegen die Stigmatisierung von infizierten Menschen ein.
  • Die konsequente Täterverfolgung in Deutschland und den Herkunftsländern erfordert internationale Zusammenarbeit zwischen Polizeibehörden und Nichtregierungsorganisationen.
  • Wir setzen uns gemeinsam ein für notwendige rechtliche Verbesserungen für Opfer des Menschenhandels bezogen auf Schutz- und Aufenthaltsregelungen in Deutschland.

Wir fordern:

  • Die finanzielle und personelle Absicherung der Arbeit der spezialisierten Beratungsstellen für Opfer von Menschenhandel (Zwangsprostitution) inklusive geplanter Kampagnen;
  • Angemessene Ressourcen für polizeiliche Ermittlungs- und Vernetzungsarbeit;
  • Gezielte Armutsbekämpfung als einen wesentlichen Schritt zum Schutz der Gesundheit und damit zur Bekämpfung von AIDS und STD;
  • Projekte in den Herkunftsländern der Opfer von Menschenhandel, die für die sexuelle Selbstbestimmung und Aufklärung arbeiten, müssen mehr finanzielle Unterstützung erfahren;
  • Die Förderung der grenzübergreifenden Netzwerkarbeit. Diese ist sowohl für die Beratungsstellen für Opfer von Menschenhandel, als auch für Projekte und Institutionen, die mit HIV- und Aidserkrankten arbeiten, außerordentlich wichtig. Wissenstransfer, Dialog und Voneinander lernen müssen einem isolierten Arbeiten entgegenwirken;
  • Die Sicherstellung medizinischer Versorgung der von Menschenhandel betroffenen Menschen, die HIV positiv oder an AIDS/STD erkrankt sind, in Deutschland;
  • Die Bekämpfung der Stigmatisierung und Ausgrenzung von HIV-positiven Menschen von allen Seiten;
  • Den Zugang zu bezahlbaren und wirksamen Medikamenten weltweit, um damit die medizinische Versorgung für ärmere Bevölkerungsgruppen weltweit zu ermöglichen;
  • Einen sicheren Aufenthalts-Status für von Menschenhandel betroffene Frauen für zunächst drei Monate und die Option eines gesicherten Aufenthalts in Deutschland;
  • Die Gewährung eines Bleiberecht aus humanitären Gründen für infizierte Opfer von Menschenhandel, solange die medizinische Versorgung für infizierte Menschen in den Herkunftsländern nicht auf westeuropäischem Niveau ist;
  • Die konsequente Anwendung der strafrechtlichen Möglichkeiten zum Schutz der von Menschenhandel betroffenen Frauen vor sexueller Gewalt;
  • Eine bundeseinheitliche Erlaubnispflicht für Prostitutionsstätten in Deutschland;
  • Von den Kirchen weltweit, sich intensiver mit der Thematik auseinanderzusetzen, Fachberatungsstellen zur Prävention von Menschenhandel und für Opfer von Menschenhandel einzurichten.

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