Wahlprüfsteine für den Bereich Opfer von Menschenhandel zur Kommunalwahl 2009 in Ostwestfalen-Lippe (Juli 2009)

Als Prüfkriterium für die Wahlentscheidung über Kandidatinnen und Kandidaten sowie Wahlprogramme hat die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V. „Wahlprüfsteine für den Bereich Opfer von Menschenhandel“ zur Kommunalwahl in NRW 2009 erstellt.
Durch ihre Beratungsstelle für Opfer von Menschenhandel, Nadeschda, mit Sitz in Herford und zuständig für die Region Ostwestfalen-Lippe (OWL), ist der Verein seit über 12 Jahren in diesem Bereich praktisch tätig.

Grundsätzlich wird Menschenhandel als ein gesellschaftliches und kein persönliches Problem verstanden und daher seien auch die Städte und Kommunen aufgefordert, die Beratungsarbeit für Opfer von Menschenhandel finanziell und strukturell zu unterstützen.
Forderungen an die Parteien in OWL beziehen sich auf den Umgang mit Menschenhändlern, mit den Opfern, mit den bestehenden Gesetzen und den beteiligten Instanzen. Zu den Forderungen gehören neben der finanziellen und strukturellen Absicherung der Beratungsstellenarbeit:

  • Die Konsequente Gewinnabschöpfung aus Menschenhandelsverfahren und gezielte Verwendung der Mittel für Opfer von Menschenhandel und für die Arbeit der Beratungsstelle.
  • Entkriminalisierung von Frauen, die Opfer von Menschenhandel geworden sind. Dazu gehört, dass Frauen nicht als Täterinnen behandelt werden, weil sie gegen das Ausländergesetz verstoßen haben.
  • Ausreichende Hilfen zum Lebensunterhalt gemäß SGB II bzw. SGB XII für alle Opfer des Menschenhandels.
  • Zugang zu Therapien für psychisch erkrankte Opfer von Menschenhandel.
  • Vorrang des Schutzes von Kindern und jugendlichen Opfern von Menschenhandel gegenüber der Ausländergesetzgebung.
  • Konsequente Umsetzung der Erlasse, d.h. keine Unterbringung von Opfern von Menschenhandel in der Abschiebehaft.
  • Gewährleistung des größtmöglichen Schutzes für Opferzeuginnen während und nach dem Prozess; gegebenenfalls Erteilung eines dauerhaften Aufenthaltes aus humanitären Gründen.
  • Re-/Integrationshilfen für Opferzeuginnen.
  • Unterstützung von bestehenden Projekten (Beratung, Prävention, Information) für Opfer von Menschenhandel in den Herkunftsländern, z.B. durch Kontakte in den Partnerstädten.
  • Opfer von Menschenhandel zum Zwecke der Ausbeutung der Arbeitkraft (§ 233 StGB) müssen konsequenter in den Blick genommen werden.
  • Verbesserte personelle Ausstattung der Ermittlungsbehörden zur Aufdeckung des immensen Dunkelfelds „Menschenhandel“.
  • Schulungen und Fortbildungen im Themenfeld Menschenhandel für Polizei, Justiz und Behörden zur Sensibilisierung.

Die Wahlprüfsteine wurden Anfang Juli verschickt an die Bezirks- und Kreisverbände der politischen Parteien und Gruppierungen in OWL, Fraktionen im Regionalrat, in den Kreistagen in OWL und im Rat der Stadt Bielefeld sowie die Oberbürgermeister-, Landratskandidatinnen und -kandidaten in OWL sowie an die Landtags- und Bundestagsfraktionen zur Kenntnis.

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