Jahresbericht 2009 (Januar 2010) Inne halten, Weitergehen und Zukunft gestalten - das sind die Schlagworte, mit denen die Arbeit der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. im Jahr 2009 überschrieben werden können. Im Rahmen der verbandlichen Frauenhilfe haben die seit Jahren bewährten Veranstaltungen statt gefunden, neue sind hinzugekommen. Bildungsveranstaltungen in den Regionen wurden zu verschiedenen Themen von Mitarbeiterinnen des pädagogisch-theologischen Teams durchgeführt: Die Wahlen zum Vorstand der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. wurden im Oktober 2009 erfolgreich durchgeführt. Das Netzwerk Frauenhilfe konnte in den Jahren 2008 und 2009 im Bereich Altenhilfe/Altersarbeit weiter ausgebaut werden. Im Mittelpunkt der Weltgebetstagsarbeit stand, neben den jährlich stattfindenden Werkstätten, die Veranstaltung zum 60jährigen Bestehen des Weltgebetstages in Deutschland für Westfalen. Eingeladen hatte zu der Veranstaltung das ökumenische Vorbereitungsteam des Weltgebetstags (WGT) im Bereich der Evangelischen Kirche von Westfalen unter Federführung der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen. Der Vortrag von Pfarrerin Katja Jochum und das Grußwort von Pfarrerin Angelika Weigt-Blätgen können im Internet nachgelesen werden. Neben den Reisen in die Weltgebetstagsländer mit den dazu gehörigen Länderseminaren werden auch andere Reiseangebote des Landesverbandes gut angenommen. Die Ziele und Themen - von Juist über Driburg, bis München, Weimar, Chile und Jordanien von Märchen über Pilgern bis Kirchentag und Weltgebetstag - sprechen Frauen mit unterschiedlichen Interessen, Bedürfnissen und finanziellen Möglichkeiten an. Obwohl die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen die Anerkennung und Förderung als Mehrgenerationenhaus durch das Bundesministerium leider nicht erhalten hat, wird in der Erwachsenenbildung mit den beschriebenen Schwerpunkten und der Familienbildung mit einem Durchschnittsalter von 47 Jahren bei den Teilnehmenden sowie dem Angebot „Starke Eltern - Starke Kinder“, gefördert durch das Jugendamt der Stadt Soest deutlich, dass die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen als Mehrgenerationenhaus arbeitet. Im Zuge des An- und Umbaus im Lina-Oberbäumer-Haus ist der Materialdienst und Service (MDS) umgezogen. Die neuen Räume im Souterrain des Fachseminars sind hell, freundlich und funktional. Materialien und Arbeitshilfen werden gut in Anspruch genommen bzw. nachgefragt. Neben der Kommunikation über Internet und den Versand von Materialien und Pressemitteilungen spielt weiterhin das persönliche Beratungs- und Informationsangebot im Materialdienst und Service eine große Rolle. Beratungen werden zur Gestaltung von Feiern, zur Gestaltung von Gruppenstunden und zur Gestaltung von Präsentationen bei Öffentlichkeitsveranstaltungen genutzt. Neue Gruppenleiterinnen werden mit einer Informationsmappe begrüßt, die Informationen an die Bezirks-, Stadt- und Synodalverbände sowie die Rundbriefe an die Gruppen werden weiterhin viermal jährlich verschickt. Im Jahr 2009 gab es zwei Sonderverkaufsaktionen: die NADESCHDA-Schokolade und der vierte Band der Reihe „Andachten für die Arbeit mit Frauengruppen“. Der Internet-Shop als weiterer Vertriebsweg hat sich etabliert. Die Internetpräsentation unter www.frauenhilfe-westfalen.de kann die Seitenaufrufe von Jahr zu Jahr fast verdoppeln. Erhöhungen der Zugriffe auf den Internetauftritt haben auch die Einrichtungen der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen zu verzeichnen. Anti-Gewalt-Arbeit Frauenhaus in Soest Im Berichtsjahr haben im Frauenhaus Soest 61 Frauen mit 63 Kindern gewohnt. 82 nahmen eine Langzeitberatung in Anspruch; 21 Frauen suchten einen einmaligen Kontakt. Das Frauenhaus Soest entwickelt sich vom klassischen Frauenhaus, zu einem Haus mit angegliederter Beratungsstelle und einer Zufluchtswohnung für Frauen mit besonderen Problemlagen; es bleibt anonymer Schutzraum mit sich erweiternden Angeboten, zum Teil in der Tagungsstätte der Frauenhilfe. Auch wenn das Frauenhaus seinem Auftrag gemäß mit bereits von Gewalt betroffenen Frauen und Kindern arbeitet, sieht es dennoch einen deutlichen Schwerpunkt parteilicher Arbeit in der Prävention. Beratungsstelle Nadeschda in Herford Die Zahl der Frauen, die den Weg in die Beratungsstelle fanden, ist im Jahr 2009 größer geworden. Dabei ist bundesweit und auch in OWL nicht von einer realen Zunahme von Opfern von Menschenhandel auszugehen. Die dennoch gestiegene Klientinnenzahl ist darauf zurückzuführen, dass sich verstärkt auch Prostituierte in der Beratungsstelle melden, die nicht Opfer von Menschenhandel sind. 2009 wurden im gesamten Bundesgebiet (Berlin, Frankfurt, Stuttgart, Dortmund, Detmold) fünf Prozesse gegen Menschenhändler durchgeführt, in denen Klientinnen von Nadeschda als Hauptbelastungszeuginnen, aber auch als Nebenklägerinnen auftraten. Davon gingen zwei Prozesse über mehrere Wochen. Die psychische Belastung für die Opferzeuginnen ist in dieser immer Zeit sehr hoch und erforderte eine besonders intensive Betreuung. Nicht immer gingen die Verfahren zur Zufriedenheit der Opfer aus (max. 2 Jahre 11 Monate Strafmaß). Wann immer es der Prozessbegleitgruppe möglich war, nahmen sie als Prozessbeobachterinnen an den Verfahren teil, waren eine moralische Unterstützung für die Zeuginnen, aber auch für die Mitarbeiterinnen von Nadeschda. Im Landgericht Bielefeld sind sie mittlerweile keine Unbekannten mehr. Auch aufgrund der höheren Bekanntheit der Beratungsstelle im Milieu nimmt die Zahl der Rat suchenden Prostituierten, die nicht Opfer von Menschenhandel sind, zu. Die Notwendigkeit zur Errichtung einer allgemeinen Prostituiertenberatungsstelle wird immer deutlicher. Der Vorstand der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen hat in seiner Sitzung am 4. September 2009 beschlossen, in den Räumen der Beratungsstelle NADESCHDA eine allgemeine Prostitutionsberatungsstelle einzurichten. Die Arbeit soll zunächst mit einer Mitarbeiterin (0,5 Stelle), die bereits jetzt in der Beratungsstelle NADESCHDA tätig ist, aufgenommen werden. Um deutlich zu machen, dass es sich um einen neuen eigenständigen Beratungsbereich handelt, soll Ende des Jahres über einen geeigneten Namen für das neue Beratungsangebot entschieden werden. Sozialer Dienst Frauenhilfe (SDF) Die Kontaktstellen in Bochum-Wattenscheid, Gelsenkirchen, Siegen und Soest führten ihre Arbeit weitgehend unverändert fort. Die verbreitete Schuldenproblematik führte zu steigenden Nachfragen nach finanzieller Unterstützung. Teilweise wurde sogar regelmäßige Zuwendung gewünscht, die jedoch Zweck und Kapazität einer Kontaktstelle deutlich übersteigt und daher nicht gewährt wurde. Behindertenarbeit - Frauenheim Wengern Werkstatt für Menschen mit Behinderungen Die Belegung der WfbM des Frauenheims Wengern ist durch die hohe Nachfrage weiterhin steigend. Die WfbM hat 160 Beschäftigte - soviel wie noch nie. Die Nachfrage kommt aus dem Bereich junger Menschen mit Intelligenzminderung und schwierigem sozialen Verhalten sowie aus dem Bereich der Menschen mit psychischen Behinderungen. Durch die Wirtschaftskrise bedingt gab es im vierten Quartal 2008 und im ersten Quartal 2009 Auftragsrückgänge und Produktionslücken. Die Gottesdienste im ehemaligen Kuhstall sind von Besucherinnen und Besuchern gut angenommen worden, so dass die Kirchengemeinde Wengern ab 2010 das Erntedankfest der Gemeinde Wengern mit der ganzen Gemeinde auf dem Hof in Wengern feiern wird. Stationäre Wohnangebote Das Frauenheim Wengern hält derzeit 163 stationäre Wohnheimplätze vor, davon 95 Plätze für Menschen mit geistigen Behinderungen und 68 für Menschen mit psychischen Behinderungen. Einige Tendenzen verstetigen sich. Frauen und Männer, die stationär aufgenommen werden, werden immer jünger. Zum Teil wird die Eingliederungshilfe über die Jugendhilfe finanziert. Außerdem werden immer mehr Hilfeleistungen für Menschen mit psychischen Behinderungen angefragt, auch für Menschen deren psychische Behinderungen so stark sind, dass sie die WfbM nicht besuchen können, sondern niederschwellige tagesstrukturierende Angebote benötigen. Außerdem steigt die Nachfrage nach Wohnheimplätzen für jüngere psychisch kranke Männer. Für die Zukunft ist zu erwarten, dass sich die Finanzkrise auf die nächsten Pflegesatzverhandlungen auswirken wird und der Grundsatz „Sozialhilfe gewährt das Notwendige, nicht das Ausreichende, schon gar nicht das Wünschenswerte“ weitere Folgen haben wird. Die größte Herausforderung für die Zukunft wird in der Grundsanierung des Hauses Charlottenhöhe liegen. Erste Pläne für die Sanierung liegen als Grundlage für Finanzierungsverhandlungen vor. Ambulante Wohnangebote Das neue Büro des Ambulanten Dienstes NAOMI in Wengern arbeitet erfolgreich. Es gibt auch Anfragen von Klientinnen und Klienten, die nicht zuvor im stationären Bereich des Frauenheims gelebt haben. Derzeit werden 40 Klientinnen und Klienten ambulant betreut. Ergänzt wird das ambulante Betreuungsangebot durch den Treffpunkt, seit neuestem gibt es außerdem einen weiteren Treffpunkt für junge Leute. Das ambulante Hilfeangebot ist erweitert worden um eine Nachtbereitschaft für ambulant betreute Klientinnen und Klienten, durch Angebote an den Abenden, den Wochenenden und den Feiertagen. Außerdem bietet der Ambulante Dienst NAOMI auch Familienhilfe an, zur Unterstützung von Eltern/Müttern z. B. in der Betreuung ihrer Kinder und in der Haushaltorganisation. Finanziert wird das Familienhilfeangebot über die Jugendämter. Psychiatrische Dienste im Märkischen Kreis Betreutes Wohnen Frauenhilfe Es ist für die Zukunft davon auszugehen, dass der Bedarf der Hilfesuchenden weiterhin steigen wird. Vergleichbar der Situation in Wengern zeichnet sich auch im Märkischen Kreis ab, dass die Hilfesuchenden immer jünger werden und immer komplexere Krankheitsbilder aufweisen. Außerdem steigt, wie in Wengern, die Anfrage männlicher Hilfesuchender. Die Komplexität der Krankheitsbilder zeigt sich darin, dass zu den psychischen Erkrankungen häufig eine sekundäre Suchtproblematik kommt und außerdem die familiäre und finanzielle Situation der Klientinnen und Klienten desaströs ist. Der entstehende Betreuungsaufwand ist in medizinischer, sozialer und lebenspraktischer Hinsicht hoch. Haus Wegwende Für zwei Bewohnerinnen wurde eine schöne Wohnung innerhalb des Stadtkerns von Werdohl gefunden. Eine weitere Außenwohngruppe im Stadtkern Werdohls ist im Oktober bezugsfertig geworden. Auch in diese Wohnung ziehen zwei Bewohnerinnen des Hauses Wegwende ein. SIGA Für die SIGA konnten neue Aufträge akquiriert werden. In der Holzverarbeitung werden in einer Halle in Plettenberg Bausätze für Hochsitze (Jagd/Wildhege) montiert. In Werdohl werden in Zusammenarbeit mit dem Diakonischen Werk Lüdenscheid-Plettenberg zwei Maßnahmen zur beruflichen Integration durchgeführt. Altenhilfe Alten- und Pflegeheim Lina-Oberbäumer-Haus, Soest 2009 konnte im Lina-Oberbäumer-Haus in Soest erneut eine fast 100%ige Belegung erreicht werden, trotz Leerständen in anderen Einrichtungen im Kreis Soest. Um auch in Zukunft ein attraktives Wohnangebot vorhalten zu können, wurde am 20. März 2009 das Neubauprojekt Lina-Oberbäumer-Haus begonnen. Mit dem Erweiterungsbau (40 Betten) und der Sanierung des Bestandes soll erreicht werden, dass Doppelzimmer abgebaut werden, ein in sich abgeschlossener Bereich für die Betreuung Demenzerkrankter Frauen geschaffen wird und außerdem eine Palliativ-Station eingerichtet werden kann. In enger Zusammenarbeit mit dem Fachseminar für Altenpflege in Soest bildet das Lina-Oberbäumer-Haus regelmäßig aus. Im Ausbildungsjahr 2009 werden drei junge Frauen ihre Ausbildung zur Altenpflegerin beginnen. Immer wieder konnten seit 2004 auch Auszubildende nach Abschluss ihrer Ausbildung übernommen werden. Eine unangemeldete Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkasse konnte zufrieden stellend durchgeführt werden. Das Lina-Oberbäumer-Haus feierte sein 25jähriges Bestehen mit mehr als 100 Gästen am 5. Dezember 2009. Die Zusammenarbeit mit dem Heimleiter, der Pflegedienstleiterin und den Mitarbeitenden des Hauses Phöbe ist eine Bereicherung für beide Häuser. Die Entwicklung gemeinsamer Qualitätsstandards, die unter Umständen in eine Zertifizierung münden, ist u. a. das Ziel der Kooperation. Alten- und Pflegeheim Haus Phöbe, Scherfede-Rimbeck Seit dem 1. Januar 2009 befindet sich das Evangelische Alten- und Pflegeheim Haus Phöbe in der Trägerschaft der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen. Das Evangelische Alten- und Pflegeheim Haus Phöbe ist eine Einrichtung der stationären Altenhilfe. Namensgeberin der Einrichtung ist die erste in der Bibel erwähnte Diakonisse Phöbe. 1952 wurde Haus Phöbe als Alten- und Flüchtlingsheim erbaut. Schwestern waren maßgeblich an der Gründung und Leitung beteiligt. Sie richteten eine Pflegevorschule ein. In den siebziger Jahren zogen sich die Schwestern der Diakonissen-Kommunität aus der Arbeit im Haus zurück. Heute verfügt das Haus über 41 Einzel- und 17 Doppelzimmer sowie zahlreiche Nebenräume und Aufenthaltsmöglichkeiten. Ca. 25 % der Bewohner sind Männer. Das Durchschnittsalter liegt bei 82 Jahren. Das Interesse der Öffentlichkeit im Zusammenhang mit dem Trägerwechsel ist groß. Die Frauenhilfen in der Region zeigen positives und wohlwollendes Interesse an Haus Phöbe. Die Öffentlichkeitsarbeit ist intensiviert worden. Außerdem ist die Internetpräsenz des Hauses inhaltlich grundlegend überarbeitet worden. In der Zukunft soll der Palliative Care Ansatz intensiviert werden und in den Umgang mit geronto-psychiatrisch veränderten Bewohnern und Bewohnerinnen integriert werden. In diesem Zusammenhang soll ein kleiner, geschützter Sinnes-Garten für geronto-psychiatrisch veränderte Bewohnerinnen und Bewohner geschaffen werden. Fachseminare für Altenpflege in Hamm und Soest Die Arbeit der Fachseminare in Hamm und Soest konnte weiter ausgebaut werden. Neben der drei-jährigen Altenpflegeausbildung konnte an beiden Fachseminaren die einjährige Altenpflegehilfeausbildung etabliert werden. Im Oktober 2008 fand die Feier zum 20jährigen Bestehen des Fachseminars Hamm statt, im Juni 2009 das Jubiläum des Fachseminars in Soest. Über beide Veranstaltungen haben wir einschließlich Dokumentation der Andachten und Vorträge und einer Bildergalerie im Internet berichtet. Die Renovierungsarbeiten im Gebäude des Fachseminars in Soest wurden fortgesetzt. Weiterhin schwierig bleibt die Akquise praktischer Ausbildungsplätze für interessierte Schülerinnen und Schüler. Manuela Schunk , Dezember 2009 |