Völlige Gleichberechtigung von Frauen und Männern noch lange nicht verwirklicht (März 2011)

v.l. Anne Richter (Bündnis 90/Die Grünen), Pfarrerin Angelika Weigt-Blätgen und Erika Denker (beide Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V.), Ministerin Barbara Steffens und Annette von dem Bottlenberg (Bündnis 90/Die Grünen) veranstalteten das Fest zum 100. Internationalen Frauentag in Soest.

„Der Internationale Frauentag appelliert an unsere Solidarität gegenüber Frauen, die sich in besonderen Lebenslagen befinden. Wer vorschlägt, den Internationalen Frauentag abzuschaffen, der verkennt, wie viel es noch zu tun gibt, bevor wirkliche Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern erreicht ist.“ Barbara Steffens, Landesministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter, wählte klare Worte bei der Feier des 100. Internationalen Frauentages Anfang März in Soest.

Bündnis 90/Die Grünen und die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V. hatten aus diesem Anlass zu Vortrag der Ministerin und Diskussion mit anschließender Feier in die Tagungsstätte Soest eingeladen. Mehr als 130 Frauen und einige Männer kamen aus den Bereichen der Fraueninitiativen und Wohlfahrtsverbänden, aus Kirche, Politik und Stadt.

In einem Rückblick ging Ministerin Steffens auf die Geschichte des Frauentags und die Fortschritte in der Gleichberechtigung ein, angefangen beim allgemeinen Wahlrecht für Frauen 1919, bis zur Frauenquote, die die Grünen in der Politik mit einführten. Dabei ging sie auch auf die 1944 in Soest verstorbene Politikerin Agnes Neuhaus ein, Gründerin des heutigen Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF), eine „Frau und Sozialpolitikerin der ersten Stunde und eine der fünf ersten Frauen in der Nationalversammlung.“ Von einer völligen Gleichberechtigung seien Frauen jedoch immer noch weit entfernt: „Im Schnitt verdienen Frauen ein Viertel weniger als Männer, Frauen in gleichen Positionen und bei gleicher Qualifikation verdienen 17 Prozent weniger als Männer.“ Es seien mehr Frauen in Führungspositionen nötig, „denn das sind Vorbilder für junge Mädchen. Sie zeigen ihnen: Ja, eine Frau kann es in solchen Positionen schaffen.“

In der sich anschließenden Podiumsdiskussion zu den Themen Pflege, berufliche Bildung, Gewalt an Frauen und Kindern, Prostitution und Zwangsprostitution sowie Schwangerschaftskonflikte entstand ein reger Austausch, in dem auch das Publikum einbezogen wurde.

Das Problem der ungleichen Arbeitschancen von Frauen und Männern bestätigte Andrea Bergmann, Gleichstellungsbeauftragte beim Berufsbildungszentrum Hellweg-Lippe: „Nur 20 Prozent der Beschäftigten im Handwerk sind Frauen. Frauen sehen im Handwerk keine Perspektive. Und selbst wenn sie eine Ausbildung gemacht haben, gründen viele danach eine Familie und schaffen später den Wiedereinstieg nicht, weil es zu wenig Teilzeitstellen gibt. Dabei werden wir sie in Anbetracht des Fachkräftemangels immer stärker benötigen.“

Annette Drebusch, Leiterin der Beratungsstellen für Schwangerschaftskonflikte und Familienplanung der Diakonie Ruhr-Hellweg, beklagte, dass Mütter und Familien, die Arbeitslosengeld II beziehen, „sang- und klanglos das Elterngeld“ gekürzt bekamen. Dabei habe es sich um eine Nacht- und Nebelaktion der Bundesregierung gehandelt, räumte die Ministerin ein. „Und wir können als Land da nicht in Ersatzzahlungen gehen. Dennoch müssen wir uns doch fragen: was ist es uns wert, ein Kind aus der Armut zu holen? Was kann das Kind dafür, dass die Eltern arbeitslos sind?“

Ähnlich realistisch-nüchtern fielen die Antworten der Ministerin aus zu den Fragen von Birgit Reiche (Leiterin der beiden Beratungsstellen für Prostitution und für Opfer von Menschenhandel, die in Trägerschaft der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. sind), Ulrike Dustmann (Leiterin des Frauenhauses Soest) und Edna Künne (Leiterin der beiden Altenheime, die in Trägerschaft der Evangelischen Frauenhilfe sind).

Für das musikalische Rahmenprogramm sorgte der Frauenchor „Frizzante“ unter der Leitung von Cornelia Fisch.

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