Dortmunder "Frauenmahl" plädiert für mehr Frauen in Machtpositionen (Februar 2012)

Viele Frauen verzichten auf eine Karriere. Gleichzeitig bemängelt die Frauenbewegung seit langem, dass es nur wenige Frauen in Führungspositionen gibt. "Wir sind selbst unsere größten Gegnerinnen", resümierte die Journalistin Maria Dickmeis bei Kerzenschein im gotischen Kirchenschiff der Evangelischen Stadtkirche St. Petri in Dortmund. Frauen sollten lernen, souveräner, professioneller und vor allem spielerischer mit Macht umzugehen. Die leitende WDR-Fernsehredakteurin für Religion und Bildung war eine von sechs Rednerinnen aus Kirche, Gesellschaft und Politik beim abendlichen "Frauenmahl".

140 Gäste, darunter zwei Männer, saßen an langen, festlich gedeckten Tafeln und unterhielten sich - zwischen Petersilienwurzelsuppe und Sojageschnetzeltem - über weibliche Demut und männliche Dominanz.

Es war die zwölfte Veranstaltung dieser Art bundesweit seit Gründung der Frauenmahl-Initiative mit "Tischreden zur Zukunft von Religion und Kirche". Sie verstehen sich ganz in der Tradition der Reformation, die 2017 ihr 500-jähriges Bestehen feiert. Anders aber als im Hause Luther, wo der Reformator bei Tisch den Ton angab, wollen die Frauenmahle, 2011 an der Universität Marburg begründet, weiblichen Visionen Raum verschaffen.

Genau das geschah in Dortmund, oft plakativ und zugespitzt, meist mit einer gehörigen Portion Humor. "Warum ich noch an der Macht bin? Weil nie ein Mann auf meinen Job scharf war", erklärte etwa Jutta Geißler-Hehlke, die langjährige Leiterin der Dortmunder Mitternachtsmission, einer Beratungsstelle für Prostituierte aus aller Welt. Als Chefin von fast 90 haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden hatte sie aber auch handfeste Tipps bereit: klare Priorität für die Arbeit, Fachkompetenz und Netzwerke. "Lass dich nicht einschüchtern oder unter Druck setzen", meinte sie.

"Ich brauchte einigen Mut, um aus dem geschützten Windschatten der zweiten Reihe herauszutreten", räumte etwa die Wuppertaler Superintendentin Ilka Federschmidt ein. Sie bezeichnete "die Botschaft der Bibel als Leitungsinstrument" und Korrektiv, um nicht von der Macht abhängig zu werden.
Für die Soziologin Monika Goldmann vom Dortmunder Forum Frau und Wirtschaft mag das noch etwas zögerlich geklungen haben. Sie plädierte energisch dafür, das Negativimage "Macht macht hässlich" endlich aus der Welt zu schaffen und vor allem in der Wirtschaft die Frauenquote einzuführen: "Wir brauchen Frauen, die den Mut aufbringen zu sagen: ich will mit gestalten!"

Die Ambivalenz der Macht zwischen Anerkennung und Ablehnung zog sich wie ein roter Faden durch den Abend, ebenso wie der unterschiedliche Umgang mit ihr. "Frauen fragen: Kann ich das? Männer fragen: Will ich das?", sagte die Dortmunder Bürgermeisterin Birgit Jörder (SPD) und plädierte für mehr Gelassenheit. Im Publikum gab es gemischte Reaktionen auf die Aussagen der Rednerinnen. Viele frauenpolitische Positionen seien hinlänglich bekannt, kritisierten einige Teilnehmerinnen in den lebhaft genutzten Gesprächspausen zwischen Reden und Vier-Gänge-Menü: "Wo ist das Neue?" Ein tolles Ambiente mit viel Frauenpower, sagten andere und forderten eine Fortsetzung.

"Wir suchen neue Formen der Kommunikation", formulierte St. Petri-Pfarrerin Barbara von Bremen die Anliegen des Vorbereitungsteams, an dem sieben Einrichtungen der westfälischen und rheinischen Landeskirche und die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen e.V. beteiligt waren.

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