Politische Forderungen für den Bereich Opfer von Menschenhandel (August 2013)

Zur Bundestagswahl am 22. September 2013 sind Politikerinnen und Politiker gefordert, sich für eine verbindliche Absicherung und Weiterentwicklung der Bekämpfung des Menschenhandels einzusetzen. Die Forderungen an die Bundestagskandidatinnen und -kandidaten sind von der Beratungsstelle für Menschenhandel, NADESCHDA, zusammengetragen worden. Den zur Wahl stehenden Personen in Ostwestfalen-Lippe wurden sie zu geschickt mit der Bitte, die Forderungen in die politischen Entscheidungen in diesem Themenfeld in der nächsten Legislaturperiode einzubeziehen.

Forderungen an die Abgeordneten im zukünftigen Bundestag:

Zum Hintergrund:

Menschenhandel ist ein Verbrechen. Es ist  sexualisierte Gewalt zumeist an Frauen und Mädchen und ein Straftatbestand im Sinne des Strafgesetzbuches, §232 StGB. Opfer von Menschenhandel sind überwiegend Frauen und Mädchen aus Ost- und Südeuropa, aber zunehmend auch aus Afrika, Asien und Lateinamerika. Sie werden mit falschen Versprechen auf Arbeit oder Ehe nach Deutschland gelockt. Sie können die deutsche Sprache nicht und sind damit im fremden Land hilflos. Sie wissen darum, wie notwendig es ist, ihre Familien in den Herkunftsländern zu unterstützen. In Deutschland werden sie mit erheblichen psychischen Druck und physischer Gewalt zur Prostitution gezwungen oder daran gehindert, aus der Prostitution auszusteigen. In Deutschland angekommen, werden sie in Bordelle, bordellähnliche Einrichtungen oder auf den Straßenstrich gebracht und müssen dort der Prostitution nachgehen.

Menschenhandel ist ein lukratives Geschäft für die Täter. Die Gewinne sind vergleichbar mit jenen im Waffen- und Drogenhandel, die Strafen fallen jedoch weitaus geringer aus.
Menschenhandel ist ein Kontrolldelikt und für die Verurteilung der Täter werden Zeuginnen benötigt. Eine Aussage bedeutet für die von Menschenhandel betroffene Frau, dass sie sowohl dem Druck und der möglichen Gewalt durch den Täter gegen ihre eigene Person als auch gegen ihre Familien in den Herkunftsländern standhalten müssen.

Um auch weiterhin erfolgreich gegen den Menschenhandel vorzugehen und den Opfern angemessen helfen zu können, gilt es zukünftig, die Standards mindestens zu halten bzw. weiter auszubauen. Dafür ist es zwingend notwendig, entsprechende Rechtsgrundlagen zu schaffen.
Als Menschenhandel gilt ebenfalls die Ausnutzung der Arbeitskraft nach § 233 StGB. Auch in diesen Fällen werden Menschen mit falschen Versprechungen nach Deutschland gelockt, um sie auszubeuten. Sie werden zum Beispiel gezwungen mit geringster oder ohne Bezahlung in Haushalten zu putzen und zu waschen. Sie leben in menschenunwürdigen ausbeuterischen Verhältnissen, häufig abgeschottet von der Außenwelt. Ein Entrinnen aus dieser Situation ist den Opfern aus eigener Kraft nur in seltenen Fällen möglich. Verstärkte und häufigere Ermittlungen sowie kostendeckende und bedarfsgerechte Finanzierungen der Hilfe sind auch in diesem Bereich notwendig.

Zu NADESCHDA:

NADESCHDA ist eine in Herford angesiedelte Frauenberatungsstelle in Trägerschaft der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. und  bietet Beratung für Opfer von Menschenhandel in Ostwestfalen-Lippe an. Die besonderen Lebenssituationen von Menschenhandel betroffener Frauen machen eine umfassende Sozialberatung und individuelle Betreuungsangebote notwendig, um Notsituationen zu bewältigen und langfristig die Situation der von Frauenhandel Betroffenen zu verbessern.

Die Landesregierung des Landes Nordrhein-Westfalen hat die Problematik des Menschenhandels bereits frühzeitig erkannt und versucht, ihr entgegenzutreten. Seit 1989 gibt es Erlasse des Justiz- und Innenministeriums, die den Schutz und die gesicherte Unterbringung sowie die Begleitung der Opferzeuginnen vor, während und nach dem Prozess regeln. Spezialisierte Fachberatungsstellen für Opfer von Menschenhandel erhalten eigens zu diesem Zweck eine Landesförderung. Heute gibt es in NRW acht geförderte spezialisierte Fachberatungsstellen für Opfer von Menschenhandel. Die Fachberatungsstellen arbeiteten von Anfang an in enger Absprache mit den ermittelnden Polizei- und Justizbehörden. Vielen Hunderten Frauen und Mädchen konnte in diesen Jahren aus ihrer Zwangssituation herausgeholfen werden, mit steigender Tendenz. Dank der Aussagen vieler mutiger Zeuginnen konnten Täter bestraft und Menschenhändlerringe zerstört werden.

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