(September 2020)
Bei der Präsentation der Sonderbriefmarke „Frauen der Reformation“ war u.a. Angelika Waldheuer, Vorsitzende des westfälischen Frauenverbandes, zugegen.
Das Sonderpostwertzeichen „Frauen der Reformation“ wurde im September durch die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister der Finanzen, Bettina Hagedorn, in Hannover präsentiert. Anschließend las die muslimische Autorin und Journalistin Kübra Gümüşay aus ihrem Spiegel-Bestseller „Sprache und Sein“. Unter den Gästen waren Angelika Waldheuer und Pfarrerin Angelika Weigt-Blätgen von der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen.
Diese Briefmarke ist eine Hommage an die wenigen bekannten und vielen unbekannten Frauen, die ihrerseits die Reformation trugen und die für sie bedeutete, in Freiheit zu sprechen. Damals begannen sie, sich Freiräume für ihren christlichen Glauben zu erkämpfen, doch ihre Anliegen wurden kaum ernstgenommen. In Hinblick auf den reformatorischen Auftrag heute betont die Vorsitzende der EFiD, Susanne Kahl-Passoth: „Heute besteht eine große Herausforderung daraus, aufmerksam zu sein für diejenigen, die nicht in Freiheit sprechen können.“ Kahl-Passoth fordert: „Wir müssen die Reformation ökumenisch denken und uns der Kritik andersgläubiger Frauen stellen.“
Die muslimische Autorin Kübra Gümüşay zeigt deutlich auf, dass muslimischen Frauen Vorurteile entgegengebracht werden und dass sie nicht wie ihre christlichen Schwestern frei über ihren Glauben sprechen können. Sie kritisiert in ihrem Buch, dass das freie Sprechen über den eigenen Glauben ein christliches Privileg ist und die christliche Mehrheitsgesellschaft ihre Freiheiten auf Kosten anderer auslebt.
„Es liegt an uns, eine Kultur zu entwickeln, in der Menschen trotz ihres Andersseins sprechen können, ohne mit stereotypen Erwartungen und Zuschreibungen konfrontiert zu werden!“, bekräftigt Dr. Antje Schrupp, Mitglied des EFiD-Präsidiums, und bringt damit sowohl Aufgabe als auch Ziel des reformatorischen Handelns für eine demokratische Gesellschaft auf den Punkt.
Dr. Eske Wollrad, Geschäftsführerin vom Bundesverband, führt aus: „Viele verbinden mit der Reformation vor allem Martin Luther und sein Wirken. Tatsächlich konnte es jedoch nur deshalb einen tiefgreifenden kirchlichen Aufbruch geben, weil er von vielen mitgestaltet wurde - auch von Frauen. Reformation bedeutet, „dass das Evangelium einen neuen Weg zu den Menschen gefunden hat“ (Nikolaus Schneider). Dies geschah in der Anfangszeit der Reformation nicht in Gelehrtenstuben, sondern in Häusern, auf den Straßen, kurz: in der Öffentlichkeit - und zwar unter Mitwirkung von Frauen. So haben mächtige Frauen die Reformation entscheidend mitgeprägt - zum Beispiel Elisabeth von Calenberg-Göttingen oder Elisabeth von Rochlitz. Sie verfügten über die politische Macht, die Reformation in ihren Herrschaftsgebieten einzuführen.
Angetrieben waren die Frauen der Reformation von der fundamentalen Einsicht, dass Vergebung und Rechtfertigung durch das Wort Gottes tatsächlich und wirklich geschehen. Dabei ist Gottes Wort nicht gebunden an eine Vermittlungsinstanz, verkörpert durch einen Priester, sondern es erschließt sich durch das eigene Bibelstudium. Somit war die Reformation eine Bildungsbewegung (auch) für Frauen, die dazu motivierte, theologisch tätig zu werden.
Eine dieser Frauen, die öffentlich theologisch argumentierte, war Argula von Grumbach. Die Fränkische Freifrau war eine der bekanntesten Flugschriftenautorinnen der Reformationszeit und weit über die Grenzen von Franken hinaus bekannt.
Oder Katharina Zell, sie war durch ihre Heirat im Jahr 1523 mit dem 20 Jahre älteren Matthäus Zell, dem Prediger am Straßburger Münster, Anfeindungen und übler Nachrede ausgesetzt und musste ihre Eheschließung öffentlich verteidigen. Sie legte dar, dass ihre Heirat mit einem Priester der Heiligen Schrift gemäß sei.
Die Botschaft der Reformation war - nicht nur - für Frauen: Freiheit. Es braucht keine besonderen Instanzen zur Auslegung der Schrift wie ein unfehlbares kirchliches Lehramt. Jeder Christenmensch wie die Kirche als Ganze ist an die Heilige Schrift gewiesen. Von dieser theologischen Einsicht aus führen - wenn auch nicht schnurgerade - Linien zu neuzeitlichen Werten einer demokratischen Gesellschaft sowie zu Rede- und Gedankenfreiheit.“
Die Sonderbriefmarke sowie die Ersttagsstempel wurden von Susann Stefanizen aus Berlin gestaltet; die Marke hat einen Wert von 370 Cent und für den Großbrief international verwendbar. Sie ist seit dem 01. Oktober 2020 in den Verkaufsstellen der Deutschen Post AG erhältlich.