108 betroffene Frauen von Menschenhandel in OWL

(März 2023)

108 betroffene Frauen von Menschenhandel in OWL (März 2023)

Frau Li und ihre Familie, aus dem asiatischen Raum kommend, geraten in eine finanzielle Notsituation. Eine gute Bekannte der Familie bietet Frau Li ihre Unterstützung an und findet eine Arbeitsstelle in Deutschland. Die Bekannte kümmert sich um die Organisation und Vorbereitung der Reise nach Europa. Nach nur wenigen Wochen kommt Frau Li in Spanien an, von dort wird sie nach München gebracht, wo sie gegen ihren Willen der Prostitution nachgehen soll. Nach ein paar Monaten findet Frau Li eine Möglichkeit der Flucht und mit der Unterstützung eines Mannes kommt sie in Bochum an und stellt einen Asylantrag.

Durch die Erstaufnahme Einrichtung in Bielefeld wurde Frau Li an die Fachberatungsstelle NADESCHDA vermittelt. Mit deren Unterstützung stellt sie eine Anzeige bei der Polizei, sodass die mutmaßliche Täterin identifiziert werden konnte. Leider steht nun Aussage gegen Aussage. Die Staatsanwaltschaft sieht nichts als erwiesen an und erhebt somit keine Klage gegen die Verdächtige. Wie die Zukunft von Frau Li aussehen wird, ist noch ungewiss. Regelmäßige Gespräche mit einer Psychologin von NADESCHDA helfen ihr mit der schwierigen Situation umzugehen.

Jede Lebensgeschichte ist individuell - das gilt nicht nur für Betroffene von Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung. Im Jahr 2022 wurden 108 Frauen mit ihren 27 Kindern von der Fachberatungsstelle für Betroffene von Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung, NADESCHDA, in Ostwestfalen-Lippe (OWL) betreut.
Durch die Polizei wurden im Jahr 2022 lediglich 10 % vermittelt. 41 % der Betroffenen kamen durch Vermittlung von anderen Beratungsstellen aus dem ganzen Bundesgebiet zur Beratungsstelle. 35 % stammen aus Nigeria, 13 % aus Guinea, 10 % aus Deutschland, 6 % aus Gambia und je 4 % aus Bulgarien und Afghanistan. 53 % sind zwischen 25 und 35 Jahren und 22 % sind unter 25 Jahren.

Psychologische Beratung und Krisenintervention

Eine 33-jährige Frau aus Nigeria, die ihre Eltern bereits als Kind verlor, sollte in ihrer Heimat mit Gewalt zu einer Heirat gezwungen werden. Nachdem der einzige sie beschützende Verwandte starb, endete ihre Flucht in einem europäischen Land, in dem sie zur Prostitution gezwungen wurde. Sie leidet heute unter den mehrfachen belastenden traumatischen Erfahrungen. Immer noch löst der Anblick eines Kleinbusses mit getönten Fenstern Panik in ihr aus, denn mit so einem Bus seien sie zu den „Kunden“ gefahren worden. In therapeutischen Gesprächen lernt sie allmählich, wie sie ihrer Angst begegnen und wieder eigene Kontrolle über ihr Leben fühlen kann.
So wie sie haben in 2022 auch weitere 21 Klientinnen die psychologische Beratung von NADESCHDA als Krisenintervention oder längerfristige Begleitung in Anspruch genommen.

Alltagslotsinnen

Im Rahmen des Empowerment-Projektes konnten die Mitarbeiterinnen von NADESCHDA insgesamt 11 ehemalige Klientinnen zu so genannten Alltagslotsinnen ausbilden. Sie unterstützen die aktuellen Klientinnen der Beratungsstelle im Sinne des Peer-to-Peer Konzeptes im Alltag niederschwellig und muttersprachlich. 2022 haben sieben Alltagslotsinnen insgesamt über 150 Stunden muttersprachlich unterstützt. Sowohl die Klientinnen als auch die Alltagslotsinnen berichten sehr positiv über die Umsetzung des Konzeptes.

Hintergrund

Die Fachberatungsstelle für Betroffene von Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung, NADESCHDA, ist zuständig in Ostwestfalen-Lippe und hat ihren Sitz in Herford. Sie ist seit 1997 in Trägerschaft der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V.

Weitere Informationen

Weitere Informationen unter www.nadeschda-owl.de

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