Auslastungsgrenzen überschritten

(März 2023)

Auslastungsgrenzen überschritten (März 2023)

Die Auslastungsgrenze ist deutlich erreicht!“ stellt Maike Schöne mit Blick auf die Zahlen in 2022 fest. 2022 wohnten 34 Frauen mit 64 Kindern im Frauenhaus des Kreises Soest. „Wir hatten 7.095 Belegungstage und lagen damit deutlich über den Durchschnitt der Vorjahre mit rund 6.000.“ Von über 200 Anfragen in 2022 mussten 84 Absagen ausgesprochen werden, weil das Schutzhaus voll- oder sogar überbelegt war.
Einige Aufenthalte verlängerten sich u.a. wegen der zunehmenden Dauer der Wohnungssuche. So sind Plätze für den „Akut-Schutz“ nicht frei und ungewöhnlich lange belegt. Deutlich wird auch, dass die Problemlagen der betroffenen Familien zunehmend komplexer werden. Das Frauenhaus Soest in Trägerschaft der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. (EFHiW) hat 8 Plätze für Frauen, hinzukommen ihre Kinder.

Politische Verantwortungsübernahme gefordert

An Tagen wie am Weltfrauentag gilt es auf die soziale Ungleichheit und damit auf die geschlechtsspezifische Benachteiligung von Frauen und Kindern aufmerksam zu machen und eine politische Verantwortungsübernahme zu fordern“, erklärt die Leiterin des Frauenhauses. Die Finanzierung sei immer noch nicht bundeseinheitlich geregelt. Es gibt eine pauschale Landesförderung für Frauenhäuser mit mindestens 8 Plätzen, finanzielle Unterstützung durch den Kreis und immer noch die Notwendigkeit von Spendeneinwerbung für ein Schutz-vor-Gewalt-Haus. Bei einer Erweiterung kann zwar ab dem 9. Platz für eine Frau eine zusätzliche Förderung von 7.000 € beantragt werden. Die Plätze für Kinder der Frauen werden nicht gefördert.

Wir waren durchgängig belegt, teilweise auch überbelegt. Dies bedeutet im Klartext: Frauen schlafen mit ihren Kindern in einem Bett oder es teilen sich zwei Kinder ein Bett“, erläutert die Leiterin des Schutzhauses. Die Anzahl von Kindern im Haus steigt. „Ihren besonderen Schutz und die Bewältigung des Erlebten gilt es zu fördern. Mit einer Erzieherinnen-Stelle in diesem Bereich ist das kaum zu leisten“, führt die 37jährige aus. „Erfreulicher Weise soll es noch in diesem Jahr eine neue Landesförderung für eine zusätzliche Mitarbeiterinnen-Stelle im Kinderbereich, die an eine trauma-pädagogischer Zusatzausbildung geknüpft ist, geben. Aber auch diese wird nicht zu 100% gefördert, sodass wir auf weitere finanzielle Unterstützung vom Kreis angewiesen sind“, betont die Leiterin. Je höher diese Förderung ausfalle, desto weniger müssen Frauen ihren Aufenthalt im Frauenhaus selbst finanzieren. „Denn: immer noch ist der Frauenhaus-Aufenthalt nicht kostenfrei für die Schutzsuchende.

Intervention und Prävention im Kreis Soest dringend

Gewalt wurde häufig über viele Jahre im häuslichen Umfeld erlebt und gehört leider für viele Kinder zum normalen Leben dazu. „Gewalt manifestiert und chronifiziert sich in ganzen Familiensystemen und wird auch an die nächste Generation weitergegeben“, so Maike Schöne. „Wir erleben erwachsene Frauen, die bereits mal als Kind in unserer Einrichtung waren.“ Diese Gewalt zu unterbrechen, erfordere mehr Hilfestellung als das, was eine akute Opferschutzstelle wie ein Frauenhaus leisten kann. Längerfristig wirksame Instrumente der Intervention und auch der Prävention - wie z.B. Täter*innen-Arbeit, Nachbetreuung und Therapieangebote - müssen dringend im Kreis Soest entwickelt werden.

Wir engagieren uns weiterhin, um das Netzwerk im Kreis Soest auszubauen, um den Gewaltschutz und die Prävention für Frauen und Kinder zu verbessern“, führt die Diplom-Pädagogin aus. Die Kooperation mit der Allgemeinen Frauenberatungsstelle Kreis Soest, ebenfalls in Trägerschaft der EFHiW, konnte ausgebaut werden. Auch mit weiteren Akteurinnen aus dem Kreis Soest konnte im November wieder die landesweit ausgerufene Aktionswoche gegen Gewalt gestaltet und mit Leben und Inhalten gefüllt werden. „Wir sind auch auf politische Unterstützung unserer Arbeit angewiesen und wir erleben hier in Soest eine Offenheit für Gespräche“, stellt Maike Schöne heraus.

8 Plätze vorhanden – 30 müssten es im Kreis Soest sein

Laut der Istanbul-Konvention ist das Land verpflichtet, entsprechende Anlaufstellen für Opfer von häuslicher Gewalt einzurichten und zu finanzieren. Demnach ist je 10.000 Einwohner*innen ein Platz in einem Frauenhaus vorzuhalten. Für den Kreis Soest mit 300.000 Einwohnern wären das 30 Frauenhaus-Plätze. Es sind seit 1990 aber nur 8 Plätze vorhanden – im derzeit bestehenden Frauenhaus Soest. Eine Erweiterung auf bis zu 16 Plätze wäre von der EFHiW umsetzbar. Die benötigten Gelder seien im November 2021 im Rahmen eines speziellen Förderprogramms beim Bund angefragt worden. Eine Antwort wurde im 1. Quartal 2023 versprochen. Diese Fördervoranfrage blieb aber bislang noch unbeantwortet.

Hintergrund

Das Frauenhaus Soest der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen verfügt über 19 Plätze für Frauen und ihre Kinder. Konkret heißt dies: für 8 Frauen mit ihren Kindern. Es bietet Frauen und ihren Kindern, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, eine geschützte, anonyme Wohnmöglichkeit, Beratung und Begleitung während des Veränderungsprozesses.
Weiteres unter www.frauenhaus-soest.de

Die Kreiskooperationsrunde gegen häusliche Gewalt und für Kinderschutz im Kreis Soest hat seit der landesweiten Aktionswoche unter www.kreis-soest.de/aktiongegengewalt Flyer und Informationen über alle Beratungseinrichtungen im Kreis.
Unter www.frauen-info-netz.de ist ersichtlich, wo bundesweit Plätze frei sind. Seit letztem Jahr ist neu eine bundesweit eingerichtete Suchmaske unter www.frauenhaus-suche.de. In jedem Fall von häuslicher und/oder sexualisierter Gewalt ist die Beratung über die Frauenberatung Soest oder das Hilfetelefon (www.hilfetelefon.de oder 08000 116016) sinnvoll.

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