(Oktober 2025)
Die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen (EFHiW) ruft am 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte, zu eindrucksvollen Gedenkaktionen auf. Anlass ist die erschütternde Zahl von über 3.500 Menschen, die 2024 auf der Flucht über das Mittelmeer ertrunken oder vermisst gemeldet wurden. Seit 2019 ist die EFHiW Teil des Bündnisses United4Rescue, das zivile Seenotrettungsorganisationen unterstützt und Rettungseinsätze durch Spenden ermöglicht. „Menschen aus Seenot zu retten ist keine Frage für Debatten, es ist eine menschenrechtliche Verpflichtung!“, betont Pfarrerin Birgit Reiche, Geschäftsführerin der EFHiW.
In den vergangenen Jahren wurden am Tag der Menschenrechte tausende Papierboote ausgelegt – jedes ein Symbol für ein verlorenes Leben. Doch die steigende Zahl der Todesopfer macht deutlich: Die Boote reichen nicht mehr aus, um das Ausmaß sichtbar zu machen. Deshalb ruft die EFHiW 2025 zu neuen Formen des Gedenkens auf. Beim „Meer der Namen“ werden Schiffchen, Blumen oder Lichtobjekte auf Wasserflächen ausgesetzt – ihre Bewegung steht für die gefährliche Reise. Eine Schweigeaktion am Wasser lädt dazu ein, still eine Rose, ein Licht oder ein Namensschild zu halten und die Blumen ins Wasser zu legen. Gepäckstücke wie Koffer oder Taschen, versehen mit Zitaten oder Geschichten, erinnern in Bahnhöfen oder Einkaufsstraßen an Hoffnung und Flucht. Bei stillen Demonstrationen tragen Menschen Schwarz und Schilder mit der Aufschrift: „Ich bin eine von mehr als 3.500“.
Täglich wagen Menschen aus dem Nahen Osten, Nordafrika und der Subsahara die gefährliche Überfahrt nach Europa – in überfüllten, seeuntauglichen Booten, oft ohne Nahrung, Wasser oder medizinische Versorgung. Sie fliehen vor Gewalt, Hunger und Perspektivlosigkeit. Der Tod fährt immer mit.
Seit 2014 engagieren sich Organisationen wie Sea-Watch, SOS Méditerranée und Ärzte ohne Grenzen für die Rettung von Geflüchteten. United4Rescue unterstützt heute mehrere Rettungsschiffe wie die „Humanity 1“, „Sea-Watch 5“ und „SEA-EYE 5“ sowie das Aufklärungsflugzeug „Seabird 3“. Anfang Oktober erreichte die Sea-Watch 5 den Hafen von Neapel mit 124 Geretteten. Einsatzleiterin Eliora Henzler berichtet, dass ihr Team bei der Rettung von der libyschen Küstenwache bedroht und beschossen wurde – in internationalen Gewässern.
Zum zehnjährigen Bestehen der zivilen Seenotrettung ziehen die Organisationen Bilanz: Über 175.000 Menschenleben konnten seit 2015 gerettet werden – trotz wachsender politischer und bürokratischer Hürden. Die EU setzt weiterhin auf Abschottung und ignoriert internationales Seerecht. Sandra Bils, Sprecherin von United4Rescue, sagt: „Zivile Seenotrettung ist ein Akt der Menschlichkeit und des Widerstands gegen das Wegsehen. Solidarität ist kein Verbrechen. Aber das Sterbenlassen ist eines.“
Die Unterstützung aus der Bevölkerung bleibt stark. Ehrenamtliche und Spender*innen ermöglichen die Einsätze. Organisationen wie Refugees in Libya und das Alarm Phone dokumentieren Menschenrechtsverletzungen und betreiben Notruf-Hotlines. Die Bundesregierung stellt ab 2025 die Förderung der zivilen Seenotrettung ein. Als Antwort präsentieren die Organisationen das Konzept „Mare Solidale“ – eine menschenrechtskonforme, koordinierte EU-Seenotrettung. Die EFHiW unterstützt diese Forderung und ruft dazu auf, sich für ein staatlich organisiertes Rettungssystem einzusetzen, um das Sterben im Mittelmeer endlich zu beenden.
Die ausführliche Fassung des Aufrufes finden Sie hier.